Bläserquartett F-Dur | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Gioacchino Rossini

Bläserquartett F-Dur

Quartett Nr. 1 F-Dur für Flöte, Klarinette, Horn und Fagott

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 2315

Satzbezeichnungen

1. Allegro moderato

2. Andante

3. Allegro

Erläuterungen

Das Finale von Rossinis 5. Bläserquartett mit dem Titel Tempesta läßt das Gewitter langsam angehen – im Gegensatz zu Vivaldi, der uns in seinem Tempesta di mare-Konzert gleich zu Beginn mitten in den Seesturm hineinschleudert.
Wie in der Sturmszene seiner viel später komponierten Oper Der Barbier von Sevilla oder derjenigen in Beethovens Pastoralsinfonie liegt der Reiz des Satzes in dem allmählichen Herannnahen des Sturms, seinem vollen Ausbruch und dem Abklingen am Ende. Freilich ist hier, in Rossinis heiterer, buffonesker Manier, der Sturm weit weniger düster-drängend als in so mancher Sturmmusik eines Vivaldi.
Rossini war auch ein halber Wiener, jedenfalls liebte er die Stadt, wie er noch Jahrzehnte später dem Wiener Kritiker Eduard Hanslick erzählte, weil das Publikum dort so still und aufmerksam war und weil es ihn so stürmisch gefeiert hatte. Außerdem waren Haydn und Mozart zeitlebens Rossinis kompositorische Idole. Dies zeigen schon jene sechs Streichersonaten, die er laut eigenem Bericht im zarten Alter von 12 Jahren komponierte (tatsächlich war er schon 16) und die auch in Bearbeitungen für Bläserquartett veröffentlicht wurden. Auch unser Quartett war ursprünglich eine solche Streichersonate.

1999:
Bei den sechs Bläserquartetten, die unter dem Namen Rossinis fester Bestandteil des Kammermusik-Repertoires wurden, handelt es sich um Bearbeitungen seiner bekannten Streichersonaten. Jene “sechs schrecklichen Sonaten”, wie Rossini selbst sie nannte, komponierte er auf dem Landgut seines Freundes Triossi nahe Ravenna, “als ich noch im kindlichsten Alter war und so gut wie keinen Unterricht genossen hatte; das Ganze komponiert in drei Tagen und aufgeführt von meinem Mäzen Triossi, seinem Vetter Morini und dem Bruder des letzteren, die wie Hunde spielten, sowie mir selbst als zweitem Geiger, der ich mich bei Gott am wenigsten wie ein Hund aufführte.”

Diese in die Sommerfrische des Jahres 1804 datierte Geschichte klingt zu schön, um wahr zu sein. Sie ist das Ergebnis einer nachträglichen Manipulation seites des Operngrande Rossini, der an seiner eigenen Heiligenlegende strickte. “Sechs schreckliche Sonaten” ist ein “fishing for compliments”, zu dem man einem angeblich 12jährigen gegenüber nur zu gerne bereit ist. In Wirklichkeit wurden die Sonaten – so, wie sie Alfredo Casella erst 1954 wiederentdeckte – von Rossini später revidiert. Ohnehin war der Maestro mindestens 15, als er sie schrieb, und hatte, wenn schon nicht Unterricht, so doch das autodidaktische Studium der Werke Mozarts und Haydns genossen.

Interessant ist Rossinis Hinweis auf die originale Besetzung: Die Sonaten wurden solistisch ausgeführt, wobei die Besetzung mit zwei Violinen, Cello und Kontrabaß an die Tradition des Divertimento anknüpft, aber auch von der Instrumentenkonstellation des Laienquartetts in Triossi diktiert wurde. Die sechs Stücke sind denn auch eher Divertimenti als klassische Sonaten, obwohl sie die für die Sonate üblichen Formen gebrauchen. Die konzertant-virtuose Behandlung aller vier Instrumente ist ein Merkmal des Divertimentos, ebenso die unbeschwerte melodische Grazie der ersten Sätze und die volkstümlich-virtuose Manier der Finali.