Konzert für Violoncello und Blasorchester
Werkverzeichnisnummer: 1020
1. Pastorale. Allant
2. Romance. Souple
3. Gigue. Animé
2000
JACQUES IBERT Cellokonzert
Gerade Komponisten, die keine Bläser waren, mussten früher oder später auf die Idee kommen, dem Bläserensemble ein Streichinstrument sozusagen als Fremdkörper einzuverleiben. Bei Antonio Rosetti war dies dienstbedingt: er hatte die fürstlich-wallersteinsche Harmoniemusik ex officio vom Kontrabasse aus zu leiten. Deshalb ist letzterer in seinen Bläser-Partiten in der Regel obligat behandelt. Gelegentlich hatte auch ein Cellist die erste Fagottpartie im Wallersteiner Bläserensemble mitzuspielen. Der erste, der in einer Bläserserenade das Cello solistisch einsetzte, war Dvorák; mit welch zauberhaftem Effekt, werden wir gleich hören.
Der Franzose Jacques Ibert kam 1923 auf eine andere Idee: Er schrieb für Roland Manuel ein Cellokonzert, das statt vom vollen Orchester von einem reinen Blasorchester begleitet wurde. Die Idee wurde noch vor den entsprechenden “Kammermusiken” Paul Hindemiths geboren, in denen ähnliche Kombinationen erprobt werden. Man muss sie aus dem Klima der 20er Jahre heraus verstehen, in denen der Klang der Bläser in den Music Hall- und Revue-Orchestern omnipräsent war, was auch die Komponisten aus dem klassischen Lager zu einem frühen “Crossover” anregte, der oft greller und frecher anmutet als die Crossovers unserer Tage.
In Iberts dreisätzigem Konzert kündet nur die Trompete vom aufmüpfigen Geist jener Epoche. Ansonsten kann man in der Kombination von je zwei Flöten, Oboen, Klarinetten und Fagotten sowie einem Horn (mit Bassklarinette und Piccolo) eher die Tradition der Harmoniemusik wiederent-decken. Das klangliche Ergebnis gemahnt an den Film- und Opernkomponisten Ibert, der wohl eine Art neobarockes Concerto vor Augen hatte. Darauf deutet die barockisierende Behandlung des Solocellos, vor allem aber die Satzfolge hin. Mit einer Pastorale als erstem Satz, einer Romance im Zentrum und einem Finale im Rhythmus einer Gigue werden wir dezent in die Vergangenheit versetzt. Wie auch in seinen späteren Solokonzerten (Flötenkonzert, Concertino da camera für Altsaxophon) setzte Ibert die Qualitäten des Soloinstruments gekonnt in Szene.