"Grande Sérénade en Potpourri", Serenade, op. 66 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Johann Nepomuk Hummel

"Grande Sérénade en Potpourri", Serenade, op. 66

„Grande Sérénade en Potpourri“, Serenade für Klarinette, Fagott (oder Flöte), Violine, Violoncello, Gitarre und Klavier, op. 66

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 1015

Satzbezeichnungen

Allegro maestoso (La Clemenza di Tito )-
Larghetto con espressione (Zauberflöte) -
Allegro alla Spagniola (Caliph de Bagdad) -
Andantino (Zephir) -
Allegrp (Marsch aus Les deux journées) -
La Tempesta di Mare -
Andante con moto (Zauberflöte) -
Allegro moderato (Marche de Nadermann) -
Walzer

Erläuterungen

2000
JOH. NEPOMUK HUMMEL Grande Sérénade en potpourri
Open Air-Konzerte erfeuen sich nicht erst in unserer Zeit größter Beliebtheit. Schon im Jahre 1815 heimste der Wiener Graf Franz von Pálffy allgemeines Lob dafür ein, dass er „Soirées musicales“ im botanischen Garten des Schlosses Schönbrunn veranstaltete. Der Graf hatte für diese Serie eine regelrechte Starbesetzung aufgeboten. Keine Geringeren als Mauro Giuliani, der König der romantischen Gitarre, und der Geigenvirtuose Mayseder gruppierten sich mit zwei leider namenlosen Bläsern im Stehen, wie ein Kupferstich des Ereignisses beweist, um das Fortepiano, das von Johann Nepomuk Hummel, dem größten Pianisten der Epoche, traktiert wurde.
Hummel war auch der Komponist jener beiden Grandes Sérénades en potpourri, die diesen Abenden die musikalische Form gaben. Er hat sie später als Opus 63 und Opus 66 mit einer Widmung an den Veranstalter Graf Pálffy veröffentlicht (welchem Konzertmanager würde heute solche Ehre zuteil?) und ließ die zauberhafte Atmosphäre jener Abende in besagtem Titelkupfer auf dem Originaldruck verewigen.
Beide Serenaden sind Potpourris von Opernmelodien – solchen von Mozart, die heute noch jeder kennt, und solchen aus weniger dauerhaften Bühnenerfolgen. Anhand der Mozart-Themen können wir den Spaß, den die Zeitgenossen angesichts der Hummelschen Zusammenstellung empfunden haben mögen, nachvollziehen. Die Ouvertüre zu Mozarts Titus, mit der die zweite Serenade, op. 66, beginnt, wird genau am Übergang von C- nach Es-Dur, also zu Beginn der Durchführung abgebrochen, um Taminos Es-Dur-Arie „Dies Bildnis ist bezaubernd schön“ Platz zu machen. Ebenso unvermittelt folgt auf die zentrale Tempesta di mare – ein Klaviersolo, in dem Hummel alle Register seines Könnens zog, um einen Seesturm darzustellen – das „Seid uns zum dritten Mal willkommen“ der drei Knaben aus der Zauberflöte. Dabei hat sich Hummel auch klanglich einen Spaß erlaubt. Vor dem Seesturm gingen alle Spieler außer ihm zu den Klängen eines Marsches ab und stellten sich in einiger Entfernung vom Klavier auf; bei der Mozartstelle fingen sie in der Entfernung zu spielen an, während sie im anschließenden Marsch von Nadermann sich allmählich wieder beim Klavier einfanden. Man kann sich den Spaß der Wiener an dieser Inszenierung leicht vorstellen, zumal Hummel am Ende noch einen Walzer als Rausschmeißer draufsetzte. Dennoch sollte man ihn als Komponisten nicht unterschätzen. Als Schüler von Albrechtsberger und Mozart war er ein Erbe der Klassiker, der sich als Haydns Nachfolger in Esterháza sowie als Kapellmeister in Stuttgart und Weimar in allen Genres außer der Oper erfolgreich umtat. Robert Schumann hielt seine fis-Moll-Klaviersonate noch für bedeutend genug, „den Meister unsterblich zu machen“. Der Seesturm unseres Potpourris gibt von dieser romantischen Seite seines Wesens eine leise Ahnung.