Streichquartett D-Dur, op. 20,4 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Joseph Haydn

Streichquartett D-Dur, op. 20,4

Quartett D-Dur für zwei Violinen, Viola und Violoncello, op. 20,4; Hob. III: 34

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 844

Satzbezeichnungen

1. Allegro di molto

2. Un poco Adagio di molto

3. Menuet alla Zingarese

4. Presto e Scherzando

Erläuterungen

Selten einig waren sich die Experten in der Bewertung von Haydns Streichquartetten Opus 20. Noch 30 Jahre nach dem Erscheinen des Erstdrucks 1772 erinnerte sich der Wiener Verleger Artaria daran, wie entscheidend mit diesem Opus „Haydns Name … seinen Ruhm begründet“ habe, und auch der Lexigograph Gerber meinte: „Von dieser Nummer an erscheint Haydn in seiner ganzen Größe als Quartettenkomponist.“ Die moderne Musikwissenschaft dagegen pflegt Haydns Opus 20 eher als Ausdruck einer Krise im Schaffen des Komponisten zu deuten denn als die ersten klassischen Quartette von vollendeter Formenvielfalt, wie sie die Zeitgenossen sahen. In jedem der sechs Quartette hat Haydn eine eigene Welt des Ausdrucks und der Formensprache umrissen – in den drei berühmteren mit den Schlussfugen wie in den drei weniger berühmten, die auf solche ostentative Kunst des Kontrapunkts verzichten.

Zu letzteren gehört das D-Dur-Quartett, op. 20,4. Sein erster Satz ist ein Muster an thematischer Ökonomie, indem die „geheimnisvoll anklopfenden“ Töne des Hauptthemas, wie sie Georg Feder nannte, immer wieder von Neuem ansetzen und melodisch anders fortgeführt werden. Alle diese unterschiedlichen Phrasen bestehen aber aus sechs Takten und runden sich zur asymmetrisch-symmetrischen Einheit. Kräftige Triolen bilden das Gegengewicht in diesem subtilen Spiel mit der unregelmäßigen Periode.

Zur Heiterkeit des Kopfsatzes kontrastieren die Variationen des zweiten Satzes durch ihr ernstes d-Moll-Thema. Es wird im vierstimmigen Satz affettuoso, also affektvoll vorgetragen und nach drei Variationen in einen träumerisch-verhangenen Sotto-Voce-Klang getaucht.

Das Menuett reißt diesen melancholischen Schleier rasch wieder ab. Was seine Überschrift Alla zingarese ans Zigeunerischem erwarten lässt, löst es durch hartnäckig verschobenen Rhythmus ein: Erste Geige und Cello musizieren eigentlich im Zweier- statt im Dreiertakt und spielen noch dazu um ein Viertel gegeneinander verschoben. Ein Musiktheoretiker sah darin ein klassisches Beispiel für imbroglio, musikalisches Verwirrspiel. Das Trio enthält ein kräftiges, ungarisch-tänzerisches Cellosolo. Mit Effekten aus der Zigeunermusik ist auch das Finale gespickt, das seinem scherzenden Tonfall (Presto e Scherzando) keine Pointe schuldig bleibt.

2003
JOSEPH HAYDN
Quartett D-Dur, op. 20,4

Selten einig waren sich die Experten in der Bewertung von Haydns Streichquartetten Opus 20. Noch 30 Jahre nach dem Erscheinen des Erstdrucks 1772 erinnerte sich der Wiener Verleger Artaria daran, wie entscheidend mit diesem Opus „Haydns Name … seinen Ruhm begründet“ habe, und auch der Lexigograph Gerber meinte: „Von dieser Nummer an erscheint Haydn in seiner ganzen Größe als Quartettenkomponist.“ Die moderne Musikwissenschaft dagegen pflegt Haydns Opus 20 eher als Ausdruck einer Krise im Schaffen des Komponisten zu deuten denn als die ersten klassischen Quartette von vollendeter Formenvielfalt, wie sie die Zeitgenossen sahen. In jedem der sechs Quartette hat Haydn eine eigene Welt des Ausdrucks und der Formensprache umrissen – in den drei berühmteren mit den Schlussfugen wie in den drei weniger berühmten, die auf solche ostentative Kunst des Kontrapunkts verzichten.

Zu letzteren gehört das D-Dur-Quartett, op. 20,4. Sein erster Satz ist ein Muster an thematischer Ökonomie, indem die „geheimnisvoll anklopfenden“ Töne des Hauptthemas, wie sie Georg Feder nannte, immer wieder von Neuem ansetzen und melodisch anders fortgeführt werden. Alle diese unterschiedlichen Phrasen bestehen aber aus sechs Takten und runden sich zur asymmetrisch-symmetrischen Einheit. Kräftige Triolen bilden das Gegengewicht in diesem subtilen Spiel mit der unregelmäßigen Periode.

Zur Heiterkeit des Kopfsatzes kontrastieren die Variationen des zweiten Satzes durch ihr ernstes d-Moll-Thema. Es wird im vierstimmigen Satz affettuoso, also affektvoll vorgetragen und nach drei Variationen in einen träumerisch-verhangenen Sotto-Voce-Klang getaucht.

Das Menuett reißt diesen melancholischen Schleier rasch wieder ab. Was seine Überschrift Alla zingarese ans Zigeunerischem erwarten lässt, löst es durch hartnäckig verschobenen Rhythmus ein: Erste Geige und Cello musizieren eigentlich im Zweier- statt im Dreiertakt und spielen noch dazu um ein Viertel gegeneinander verschoben. Ein Musiktheoretiker sah darin ein klassisches Beispiel für imbroglio, musikalisches Verwirrspiel. Das Trio enthält ein kräftiges, ungarisch-tänzerisches Cellosolo. Mit Effekten aus der Zigeunermusik ist auch das Finale gespickt, das seinem scherzenden Tonfall (Presto e Scherzando) keine Pointe schuldig bleibt.