Sonate f-Moll für Violine und Klavier, op. 4
Werkverzeichnisnummer: 791
1. Adagio – Allegro moderato
2. Poco adagio
3. Allegro agitato
Die frühe Begabung FELIX MENDELSSOHN-BARTHOLDYS zeigte sich zuerst und am nachhaltigsten in der Kammermusik, die im großzügigen Berliner Haushalt seiner Familie ihren festen Platz hatte. Durch seinen Geigenlehrer und Freund Eduard Rietz gewann sie für Felix auch eine ganz persönliche Bedeutung, durch die einige seiner bedeutendsten Frühwerke inspiriert wurden, wie etwa das Oktett op. 20. Im selben Jahr wie dieses, 1825, komponierte Felix die f-Moll-Violinsonate, die von seiner damaligen Auseinandersetzung mit Beethoven zeugt. Noch Jahre später erinnerte er sich an die Zeit “als ich meine musikalische Thätigkeit auf meinem eigenen Wege anfing, und als Vater fortwährend in der übelsten Laune war, auf Beethoven und alle Phantasten schalt und mich darum oft betrübte.” Die Tonart f-Moll und der appassionata-Charakter des Stückes verweisen auf Beethovens gleichnamige Klaviersonate; auch der Anfang mit einem Rezitativ der unbegleiteten Violine ist ohne Beethoven nicht zu denken. Der Mendelssohn-Biograph Eric Werner hat gar die gesamte Sonate als bloße Imitation von Beethovens “Sturm”-Sonate, op. 31, abgetan. Ausgewogener erscheint das Bild, das Robert Schumann in seinen Musikkritiken vom frühen Mendelssohn zeichnete: “Im ersten Aufblühen seiner Jugend arbeitete er theilweise noch unter der Begeisterung Bach’s und Beethoven’s, obwohl bereits Meister der Form und des Kunstsatzes”; “und wenn auch den Davidsbündlern die meisten Jugendarbeiten Mendelssohns wie Vorarbeiten zu seinen Meisterstücken, den Ouvertüren, vorkommen, so findet sich doch im Einzelnen so viel Eigenthümlich-Poetisches, daß die große Zukunft dieses Componisten allerdings mit Sicherheit voraus zu bestimmen war.”
Dies bestätigen auch die drei Sätze der f-Moll-Sonate. Die originellsten Züge im ersten sind das einleitende Violinsolo und das von der linken Hand solo vorbereitete zweite Thema. Im langsamen Satz wechselt ein leicht süßliches Thema des Klaviers in As-Dur mit einer Geigenkantilene ab, die von Es-Dur sogleich nach H-Dur moduliert. Das Finale ist ein Allegro agitato in Mendelssohns Lieblingstakt, dem bewegten Sechsachtel; es enthält ein weiteres Violinsolo.