Bläserquintett, op. 10 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Pavel Haas

Bläserquintett, op. 10

Quintett für Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und Horn, op. 10

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 747

Satzbezeichnungen

1. Preludio. Andante, ma vivace

2. Preghiera. Misterioso e triste

3. Ballo eccentrico. Ritmo marcato

4. Epilogo. Maestoso – Quasi pastorale

Erläuterungen

2005
Pavel Haas gehört zu einer ganzen Generation tschechisch-jüdischer Komponisten, die die Deutschen in den Konzentrationslagern auslöschten. Neben der Musik eines Viktor Ullmann, Gideon Klein, Hans Krása und Erwin Schulhoff erlebten auch seine Werke in den 90er Jahren eine späte Rehabiliation im Zuge des erwachten Interesses an den sogenannten “Theresienstadt-Komponisten”. Was sie unter den perversen Vorzeichen einer “Freizeitgesteltung”, die die Nazis den jüdischen Häftlingen nur deshalb gestatteten, um die Weltöffentlichkeit mit einer heilen Fassade zu blenden, schrieben, wurde erst Jahrzehnte später entdeckt, gesammelt und in Neuedititionen zugänglich gemacht. Stücke, die in den KZs auf Klopapier geschrieben worden waren und auf abenteuerlichen Wegen den Holocaust überstanden hatten, erlebten vor einer erschütterten Öffentlichkeit ihre späte Uraufführung.

In diese Renaissance fällt auch die Rückbesinnung auf den vergessenen Pavel Haas. In den 1920er Jahren galt er als der bedeutendste Schüler von Leos Janacek. Das Bläserquintett, op. 10, komponiert 1929, war sein erster internationaler Erfolg. Nach der Premiere in Wien 1935 urteilte das Neue Wiener Tagblatt: “Das Bläserquintett von Pavel Haas ist ein durchaus ernstzunehmendes Werk, das sich durch Originalität sowie durch wirkungsvolle Beherrschung der Satztechnik auszeichnet.” Drei stilistischen Quellen haben das Werk geprägt: zum einen Janaceks Methode einer thematischen Arbeit auf der Basis mährischer Volksmelodien; zum zweiten die Melodik von Synagogengesängen, zum dritten die “polyrhythmische Struktur der europäischen Nachkriegsmoderne” (L. Peduzzi). Es gelang Haas, aus der Überlagerung dieser Stile ein eigentümliches Ganzes zu formen.

Bemerkenswert an dem Bläserquintett sind die plastischen Satzüberschriften, die dem Werk eine durchaus theatralische Komponente verleihen: “Während der erste Satz ‘Preludio’ im Grunde genommen ein Lied ist, bringt der zweite ‘Preghiera’ ein inniges Gebet zum Ausdruck, der dritte Satz ‘Ballo eccentrico’ provoziert mit Rhythmen eines modernen Tanzes, und der vierte ‘Epilogo’ endet mit einem kontemplativen Choral. Obwohl in allen vier Sätzen die Molltonarten überwiegen, gelingt es dem Komponisten, durch den unterschiedlichen Charakter der Themen und ihre humorvolle Ausarbeitung den gewünschten Kontrast zu erreichen.” (L. Peduzzi)