Noveletten für Klavier, Violine und Violoncello, op. 29
Werkverzeichnisnummer: 670
1. Allegro scherzandoAndantino con moto
2. Moderato
3. Larghetto con moto
4. Finale. Allegro
1996
Niels W. Gade: Noveletten für Klaviertrio, op. 29
“In einem französischen Blatte war vor Kurzem zu lesen: ‘Ein junger dänischer Componist macht jetzt in Deutschland Aufsehen, er heißt Gade, wandert, seine Violine auf dem Rücken, öfters von Copenhagen nach Leipzig und zurück, und sieht dabei aus wie der leibhaftige Mozart.’ Der erste und letzte Satz sind vollkommen richtig; nur in den Mittelsatz hat sich etwas Romantik eingeschlichen. Der junge Däne kam wirklich vor einigen Monaten in Leipzig an (obwohl er wie seine Violine fahrend) und sein Mozartkopf mit dem starken wie in Stein gehauenen Haupthaar paßte gut zu den Sympathien, die seine Ouverture zu Ossian und seine 1ste Symphonie unter den hiesigen Musikern schon vorher erregt hatten…”
Mit diesen Worten beginnt Robert Schumanns Beschreibung des dänischen Komponisten Niels W. Gade, der 1843 mit einem königlichen Stipendium nach Leipzig kam und Aufnahme in den Mendelssohn-Schumann-Kreis fand. Wie auch später im Falle von Brahms hat der Kritiker Schumann Charakter und Bedeutung des jungen Musikers präzise beschrieben und seine zukünftige Entwicklung zu einem der bedeutendsten romantischen Sinfoniker vorausgeahnt.
Gade wurde nach seiner Rückkehr in die Heimat als Leiter des Kopenhagener Musikvereins und Direktor der Dänischen Musikakademie zum entscheidenden Anreger der Nationalmusik in Skandinavien. Auch dies hat Schumann in visionärer Weise prophezeit: “In der That scheint es, als ob die Deutschland angränzenden Nationen sich von der Herrschaft deutscher Musik emancipieren wollten; einen Deutschthümler könnte das vielleicht grämen, dem tiefer blickenden Denker und Kenner der Menschheit wird es nur natürlich und erfreulich vorkommen… Auch im Norden Europa’s sehen wir schon nationelle Tendenzen sich äußern… Mußten ja die neu auftauchenden bedeutenden Dichter Scandinaviens seinen musikalischen Talenten eine mächtige Anregung geben, wenn sie anders nicht von selbst von ihren Bergen, Seen, ihren Runen und Nordscheinlichtern daran erinnert würden, daß der Norden gar wohl eine eigene Sprache mitreden dürfe. Auch unsern jungen Tonkünstler erzogen die Dichter seines Vaterlandes; er kennt und liebt sie alle; die alten Mährchen und Sagen begleiteten ihn auf seinen Knabenwanderungen, und von Englands Küste ragte Ossian’s Riesenharfe herüber. So zeigt sich in seiner Musik … zum erstenmal ein entschieden ausgeprägter nordischer Charakter; aber gewiß wird Gade selbst am wenigsten verläugnen, wie viel er den deutschen Meistern zu verdanken hat. “
Als die nordische Nationalmusik durch Komponisten wie Grieg oder Svendsen ihren Höhepunkt erreichte, begann Gade, sich von ihr zu distanzieren. Verbindlich blieb für ihn zeitlebens das Raffinement des Leipziger Stils und die Verbindung aus “nordischem Charakter” und deutscher “Weihe der Meisterschaft” , wie es Schumann ausdrückte.
Auch Gades 1863 in Leipzig publizierte Noveletten für Klaviertrio zeigen diese gelungene Synthese. Schon ihr Titel ist einer Gattung Schumannscher Klaviermusik nachempfunden, und die Musik löst den quasi erzählenden Ton dieser “kleinen Novellen” in eleganter, Mendelssohnscher Manier ein. Als Hausmusik für anspruchsvolle Musikliebhaber waren diese Stücke nicht umsonst im späten 19. Jahrhundert überaus beliebt. Deshalb sei hier wieder einmal an sie erinnert.