“Stimmungen eines Fauns” für Klarinette solo, op. 11
Werkverzeichnisnummer: 662
1. Klage
2. Schalckslaune
1999
ILSE FROMM-MICHAELS
Unter den Komponistinnen, die Villa Musica im Laufe dieser Saison vorstellt, nimmt Ilse Fromm-Michaels eine Sonderstellung ein. Die Hamburgerin wurde in den Jahren vor dem I. Weltkrieg zunächst als Pianistin bekannt. Sie spielte unter allen großen Dirigenten jener Ära: “Arthur Nikisch engagierte sie mit Rachmaninows d-Moll-Konzert als Solistin, nachdem sie ihm eine eigene Klaviersonate vorgespielt hatte. Er war der erste in der Reihe bedeutender Dirigenten, unter denen sie damals und später musizierte. Max Fiedler, Fritz Steinbach, Wilhelm Furtwängler, Hermann Abendroth, Otto Klemperer, Carl Schuricht, Eugen Jochum und viele andere gehörten dazu. Eine stolze Bilanz, die aber erst dann verblüffend wird, wenn man sie durch die Liste von modernen Komponisten ergänzt, deren Werke auf den Programmen von Ilse Fromms Klavierabenden standen, vor und nach dem Ersten Weltkrieg. Es waren Reger, Pfitzner, Hindemith, Busoni, Jarnach, Strawinsky, Schönberg, Milhaud, Bartok, Kodaly, Webern, Berg …” (Karl Grebe)
Als Komponistin war sie Schülerin von Hans Pfitzner und wandte sich später unter dem Einfluß der Wiener Schule neuen Techniken und größeren Besetzungen zu. In dieser Zeit – den 20er Jahren – entstanden ihre bedeutendsten Werke, darunter auch die Stimmungen eines Fauns für Klarinette solo. Musica Larga, ein großer, tief bewegter Adagiosatz für Klarinettenquintett, wurde 1944 komponiert und 1958 im Druck veröffentlicht.
1933 wurde Ilse Fromm-Michaels mit totalem Aufführungsverbot als Komponistin und Pianistin belegt, weil sie mit einem Juden verheiratet war. 1949, nach dem Tod ihres von den Nazis verfolgten Mannes, gab sie das Komponieren gänzlich auf. Ihr Sohn, der Klarinettist Jost Michaels, erklärte dies mit den Erlebnissen des Krieges und der Verfolgung. Obwohl sie nach 1950 von ihrer Heimatstadt mit der Brahms-Medaille ausgezeichnet wurde und lange Jahre als Klavierprofessorin an der Hamburger Musikhochschule wirkte, geriet sie als Komponistin zunehmend in Vergessenheit. Erst die Frauenmusik-Bewegung unserer Tage stellte einige ihrer Werke wieder ins Rampenlicht.
Karl Böhmer