Sextett C-Dur, op. 37 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Ernö von Dohnányi

Sextett C-Dur, op. 37

Sextett C-Dur für Klarinette, Horn, Violine, Viola, Violoncello und Klavier, op. 37

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 558

Satzbezeichnungen

1. Allegro appassionato

2. Intermezzo

3. Allegro con sentimento

4. Finale. Allegro vivace giocoso

Erläuterungen

Ernö von Dohnányi, der Großvater des Dirigenten Christoph und des ehemaligen Hamburger Oberbürgermeisters Klaus von Dohnányi, war nicht nur einer der genialsten Pianisten des 20. Jahrhunderts und ein Organisationsgenie, dem Ungarn wesentliche Teile seines modernen Musiklebens verdankt. Er war auch und vor allem ein Komponist der Brahms-Nachfolge, der Opern, Sinfonik und Kammermusik von keineswegs nur marginaler Bedeutung geschrieben hat.

Im Falle von Dohnányi ist die Kontinuität zu Brahms eine unmittelbare: Der Budapester Kompositionsprofessor Hans Koessler spielte das Klavierquintett seines 15jährigen Schülers in Wien seinem Freund Brahms vor, der davon so angetan war, dass er sich in Folge für die Kompositionen des jungen Ungarn einsetzte. Dank Koessler kam Dohnányi in persönlichen Kontakt zu Brahms und erhielt dadurch entscheidende Anregungen, die sein Form- und Stilverständnis lebenslang prägen sollten. „Meisterschaft in Form und Stil der Sonate wird heute fast automatisch auf den Einfluss von Brahms zurückgeführt,“ so urteilte der englische Musikhistoriker Sir Donald Tovey 1929, „und in der Tat verdankt Dohnányi der intimen Kenntnis der Werke von Brahms ebensoviel wie der persönlichen Bekanntschaft mit ihm. Viele Passagen in Dohnányis reifsten Werken kann man immer noch aus Brahmsschen Ursprüngen ableiten… Dennoch ist der Einfluss von Brahms weder in Form noch Stil das beherrschende Merkmal von Dohnányis Werk.“.

Das Sextett, op. 37, ist das letzte der neun bedeutenden Kammermusikwerke, die Dóhnanyi unter Opuszahlen veröffentlichte. Es wurde 1935 in Budapest geschrieben und lässt – trotz des ungebrochenen Bekenntnisses zum viersätzigen Sonatenzyklus und der Formenwelt der Brahmszeit – das weite Stilpanorama der 1930er-Jahre erkennen.

Der erste Satz in ausgeprägter Sonatenform scheint die Erfahrung der Sinfonik Gustav Mahlers widerzuspiegeln, während das Intermezzo genannte Adagio den romantischen Topos des Marsches variiert. Das Scherzo mit der Vorschrift Allegro con sentimento wirkt in seiner klassizistisch feinsinnigen Manier wie eine Reminiszenz an Mendelssohn, das Finale wartet mit überraschend deutlichen Anklängen an den Jazz auf. Komponisten aus anderen ehemaligen Teilen der Donaumonarchie wie etwa der Prager Erwin Schulhoff hatten sich schon kurz nach dem I. Weltkrieg mit Begeisterung den Neuerungen des Jazz geöffnet. Auch Dohnányis enge Freunde Bela Bartók und Zoltan Kodály bezogen in den 30er-Jahren Jazz-Elemente in ihre Musik mit ein. Offenbar wollte sich Dohnányi diesem Trend anschließen. Sein Finale wird von einer Art Ragtime für Klarinette und Klavier eröffnet, dem das Streichtrio antwortet. Erst am Ende lenkt die Entwicklung zum Material des Kopfsatzes zurück und erreicht damit die obligatorische zyklischen Abrundung im Sinne der Spätromantik.

2003
ERNÖ VON DOHNáNYI
Sextett C-Dur, op. 37

Ernö von Dohnányi, der Großvater des Dirigenten Christoph und des ehemaligen Hamburger Oberbürgenneisters Klaus von Dohnányi, war nicht nur einer der genialsten Pianisten des 20. Jahrhunderts und ein Organisationsgenie, dem Ungarn wesentliche Teile seines modernen Musiklebens verdankt. Er war auch ein Komponist der Brahms-Nachfolge, der Opern, Symphonien und Kammermusik von keineswegs nur marginaler Bedeutung geschrieben hat.

Während Ligeti seine Hommage à Brahms aus dem Fundus der Musikgeschichte speiste, hat Dohnányi den Meister noch selbst kennengelernt. Sein Budapester Kompositionsprofessor Hans Koessler spielte das Klavierquintett des 15Jährigen in Wien seinem Freund Brahms vor, der davon so angetan war, dass er sich für die Kompositionen des jungen Ungarn einsetzte. Auf diese Weise kam Dohnányi in persönlichen Kontakt zu Brahrns und erhielt von ihm entscheidende Anregungen, die sein Form- und Stilverständnis lebenslang prägen sollten.

„Meisterschaft in Form und Stil der Sonate wird heute fast automatisch auf den Einfluss von Brahms zurückgeführt, „ so urteilte der englische Musikhistoriker Sir Donald Tovey 1929, „ und in der Tat verdankt Dohnányi der intimen Kenntnis der Werke von Brahms ebensoviel wie der persönlichen Bekanntschaft mit ihm. Viele Passagen in Dohnányis reifsten Werken kann man immer noch aus Brahmsschen Ursprüngen ableiten… Dennoch ist der Einfluss von Brahms weder in Form noch Stil das beherrschende Merkmal von Dohnánys Werk.“ Diese Sätze gelten auch für das Sextett.