“Vox Balaenae für drei maskierte Spieler” für Flöte, Violoncello und Klavier
Werkverzeichnisnummer: 502
1. Vocalise (…for the beginning of time). Wildly, fantastic; grotesque
2. Variations on Sea-Time. Adagio; solemn, with calm majesty. Sea-Theme: Archeozoik (Var. I) – Proterozoic (Var. II) – Paleozoic (Var. III) – Mesozoic (Var. IV) – Cenozoic (Var. V)
3. Sea-Nocturne (…for the end of time)
GEORGE CRUMB, aus West Virginia stammend, war Schüler von Finney an der University of Michigan und gewann in den 60er Jahren zahlreiche Preise und Stipendien (Pulitzer Preis, Stipendien der Guggenheim und Koussevitzky Foundation u. a.). Er zählt heute zu den renommiertesten Komponisten der USA, dessen neuere Werke fast sämtlich auf Schallplatte aufgenommen wurden. Dies liegt zum einen an ihrer großen Anschaulichkeit, zum anderen an ihren programatischen und theatralischen Tendenzen. “Programmusik und Symbolismus durchziehen Crumbs Musik: sein Klavierwerk Makrokosmos ist ein Tierkreiszyklus und Black Angels, für elektrisches Streichquartett ist ‘eine Art Parabel über unsere gefährdete zeitgenössische Welt’… In späteren Werken gibt es hervorstechende theatralische Elemente: inszenierte Bewegung, Vocalisen und den Gebrauch von Masken durch Instrumentalisten. Crumb hat Debussy, Mahler und Bartók als die wichtigsten Einflüsse auf seine Musik bezeichnet.” (L. A. Pearlman)
In Vox balaenae , das 1972 in der Library of Congress in Washington uraufgeführt wurde, fließendiese Tendenzen von Crumbs Musik zusammen: die Neigung zur Programmusik, der Gebrauch von “elektrischen” Instrumenten und der Theatereffekt. Im Vorwort zur Partitur heißt es dazu: “Vox Balaenae (Die Stimme des Walfisches) wurde durch das Singen des Buckelwals inspiriert, das der Komponist 1969 auf einer Tonbandaufnahme hörte. Jeder der drei Spieler soll eine schwarze Halb-Maske (Visier) während der gesamten Aufführung tragen. Die Masken verwischen das Gefühl einer menschlichen Projektion und symbolisieren Naturkräfte (‘entmenschte Natur’). Vox Balaenae kann unter tiefblauer Bühnenbeleuchtung aufgeführt werden, falls es gewünscht wird, wodurch die theatralische Wirkung weiter verstärkt würde.” Durch die programmatischen Überschriften der drei Sätze wird die symbolische Bedeutung des Stückes noch klarer. Nach der einleitenden Vocalise “Auf den Beginn der Zeit” zeigen die “Variationen über die Zeit des Meeres” die verschiedenen Weltzeitalter, die der Wal als urzeitliches Geschöpf durchlebt hat, bis zum Vergehen der Zeit im “Meer-Nocturne”.