Sechs Lieder, op. 48 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Edvard Grieg

Sechs Lieder, op. 48

Sechs Lieder, op. 48

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

1. Gruß (Heinrich Heine)
2. Dereinst, Gedanke mein (Emanuel Geibel)
3. Lauf der Welt (Ludwig Uhland)
4. Die verschwiegene Nachtigall (Walther von der Vogelweide)
5. Zur Rosenzeit (Johann Wolfgang von Goethe)
6. Ein Traum (Friedrich Bodenstedt)

Erläuterung

Im Herbst 1889 musste sich der norwegische Komponist Edvard Grieg gegen das Klischee verteidigen, „der Nationalste unter den Nationalen“ zu sein, „der Messias der norwegischen Kompositionskunst“. So nannte ihn der Berliner Musikkritiker Moszkowski in einem Zeitungsartikel, wogegen der Komponist in einem offenen Brief protestierte. „Hätte der Verfasser meine Kunst im Ganzen gekannt, wäre ihm wohl kaum entgangen, dass ich in den späteren Werken zunehmend eine breitere, allgemeinere Auffassung gesucht habe, eine Auffassung, die von den großen Strömungen der Zeit – also von den kosmopolitischen – beeinflusst worden ist.“ Zu den allerneusten Werken in diesem internationalen Stil gehörten damals die Sechs Lieder Opus 48, die Grieg im August 1889 vollendete, nachdem er die ersten beiden Lieder bereits im Sommer 1884 komponiert hatte.

Keines der sechs Lieder beruht auf Versen norwegischer Dichter. Vielmehr verwendete Grieg durchweg berühmte deutsche Gedichte aus Klassik und Romantik, die er in norwegischer Übersetzung vertonte. Seine Musik passt sich aber ebenso gut den deutschen Originalgedichten an, da Grieg in Leipzig studiert hatte und des Deutschen mächtig war. Finn Benestad und Dag Schjelderup-Ebbe haben diesem Zyklus in ihrer großen Griegbiographie eine schöne Betrachtung gewidmet:

„Hier beschäftigt sich Grieg erstmals seit 1864 mit deutscher Lyrik. Er geht mit vollem Recht davon aus, dass er als reifer Musiker auch der Liedkunst seinen persönlichen Stempel aufdrücken kann. Dies gelingt ihm sowohl in melodischer als auch in harmonischer Hinsicht.

Sehr einnehmend durch ihren strömenden Melodienreichtum sind der Lauf der Welt und Die verschwiegene Nachtigall, mit einem Hauch deutschen Volkstons und einer Schlichtheit, die zu hoher Kunst geworden ist. Bescheidene, jedoch bewusst gewählte Züge prägen auch Dereinst, Gedanke mein. Die Gesangsstimme ist in wesentlich höherem Maße rezitativisch angelegt, als dies bei Grieg gewöhnlich der Fall ist. Er konzentriert sich darauf, den Text durch harmonische Mittel zu vertiefen. Der Stil ist in erster Linie geprägt von Kirchentonarten, die von Grieg auf ein lyrisches deutsches Lied übertragen werden.

Die übrigen drei Lieder von op. 48 ähneln mit ihren chromatischen Linien dem Schumann-Stil, haben jedoch in den unerwarteten Akkordverbindungen eine charakteristische Griegsche Prägung. Am konventionellsten ist Gruß, während Zur Rosenzeit und vor allem Ein Traum markantere Züge aufweisen. Letztgenanntes gehört mit Recht zu den besonders geschätzten Liebesliedern aus Griegs Feder.“ (Benestad/Schjelderup-Ebbe)