"Du bist verflucht, o Schreckensstimme" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Georg Philipp Telemann

"Du bist verflucht, o Schreckensstimme"

Kantate am Sonntag Laetare TVWV 1:358, aus: Harmonischer Gottesdienst, Hamburg 1725/26

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Erläuterung

Im Kirchenjahr 1725/26 legte Georg Philipp Telemann eine Sammlung klein besetzter Kantaten für alle Sonntage des Kirchenjahres im Notendruck vor, genannt Harmonischer Gottes-Dienst. Der Untertitel erklärt ausführlich den Sinn der Sammlung:

„Harmonischer Gottes-Dienst oder geistliche Cantaten zum allgemeinen Gebrauche welche zu Beförderung so wohl der Privathaus- als öffentlichen Kirchen-Andacht auf die gewöhnlichen Sonn- und Festtäglichen Episteln durchs ganze Jahr gerichtet sind und aus einer Singe-Stimme bestehen, die entweder von einer Violine, oder Hautbois, oder Flûte traverse, oder Flûte à bec
nebst dem Generalbasse begleitet wird. Auf eine leichte und bequeme Art verfasset von Georg Philipp Telemann.“

Jede Kantate kommt also mit einer Singstimme, einem obligaten Melodieinstrument und Continuo aus, wobei die Besetzung je nach Charakter der instrumentalen Solostimme wechselt: Mal spielt eine Oboe, mal eine Violine, mal eine Travers- oder Blockflöte. Die Kantate zum Sonntag Laetare, dem vierten Sonntag der Fastenzeit, ist ausdrücklich mit Flûte douce besetzt, also mit Blockflöte. Entsprechend hoch und schneidend wirkt das Solo zu Beginn der ersten Arie, geht es doch um die Verdammnis des Menschen nach seiner Vertreibung aus dem Paradies. Der ebenfalls hoch geführte Sopran beschreibt in aufgeschreckten Dreiklängen, in chromatisch gewundenen Melismen und hohen, gezogenen Tönen die Schrecken der Verdammnis: „Du bist verflucht!“ sagt ihm eine „Schreckensstimme“ immer wieder, deren grässliche Wirkung auf den armen Sünder der Sopran trefflich nachahmt.

Nach einem langen Rezitativ wechselt die Schlussarie ins Tempo Vivace und in den Duktus eines schnellen Sonatensatzes, der auch einer Flötensonate Telemanns entstammen könnte. „Frohlocket, ihr seligen Kinder der Freien!“ jubelt der Sopran, untermalt von den glitzernden Dreiklangsbrechungen der Flöte.