Nocturne e-Moll, op. post. 72 Nr. 1
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Nicht nur für den Dichter Heinrich Heine war er die Seele der Pariser Salons: Frédéric Chopin, der „aus dem Lande Mozarts, Raffaels, Goethes“ stammte, dessen „wahres Vaterland das Traumreich der Poesie“ war. So hat es der Dichter formuliert. Auch Robert Schumann kam auf Goethe zu sprechen, um die Kunst seines großen Kollegen zu charakterisieren Auch Robert Schumann kam auf Goethe zu sprechen, um die Kunst seines großen Kollegen zu charakterisieren, und zwar die beiden Nocturnes des Opus 27. Er nannte sie „das Herzinnigste und Verklärteste, was nur in der Musik erdacht werden könne. Lernen lässt es sich wohl nicht, wie man in so kleinem Raum Unendliches sammeln könne: aber übe man sich in Bescheidenheit in Betrachtung solch hoher dichterischen Vollendung, denn wie es hier vom Herzen quillt, unmittelbar, wie Goethe jenes Urausfließende nennt, übervoll, selig im Schmerz, unnachahmlich.“ Die gleichen Sätze könnte man auch auf die drei Nocturnes beziehen, die Fazil Say ausgewählt hat. Sie wurden erst nach dem Tod des Komponisten veröffentlicht, also posthum.
Das e-Moll-Nocturne, das später unter der Opuszahl 72 Nr. 1 erschien, zählt zu Chopins letzten Klavierstücken. Der schon von der Krankheit gezeichnete Meister schrieb es 1847 oder 1848 in Paris. „Die Melodie des Themas erweckt den Eindruck, als trüge sie die Last eines gewaltigen Gefühls, welches sich hier hemmungslos auf dem Notenpapier ergießt und dem sich der Zuhörer kaum entziehen kann. Unermessliches Bedauern ist es, was man darin spürt, aber auch tiefen Vorwurf und Seelenschmerz, zugleich Bitterkeit und ein Gefühl des Versagens, woraus hoffnungslose Resignation erwächst“ (Tadeusz Zielinski).