Duo (2012) | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Gabrielle Brunner

Duo (2012)

Duo (2012)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

Ohne Bezeichnung (Viertel 60)
Presto
Ohne Bezeichnung (Achtel 92)
Lento

Erläuterung

Im idyllischen Herrenhaus Edenkoben beherbergt ein überaus engagierter Verein Halbjahr für Halbjahr Stipendiaten in den Sparten Musik, Malerei und Literatur. Konrad Stahl, der Hausherr und Spiritus rector dieser intensiven Nachwuchsförderung, regte die Villa Musica zu einer kontinuierlichen Zusammenarbeit an: Wer immer als Halbjahresstipendiat für Musik nach Edenkoben kommt, schreibt ein neues Kammermusikstück für Villa Musica. Es wird im Rahmen eines Akademieprojekts mit dem Komponisten bzw. der Komponistin erarbeitet und in den Konzerten der Villa Musica uraufgeführt. Das Duo für Violine und Violoncello der jungen Münchnerin Gabrielle Brunner ist das erste Werk in dieser neuen Serie, zu der den kommenden Monaten und Jahren auch Werke von Birke Bertelsmeier, Ying Wang und anderen gehören werden. Gabrielle Brunner war im zweiten Halbjahr 2011 Stipendiatin in Edenkoben. In dieser Zeit schrieb sie ihr Duo, wie sie in ihrer kurzen Einführung erklärt:

„Das von der Villa Musica im Rahmen des Aufenthaltsstipendiums im Jahre 2011 im Herrenhaus Edenkoben in Auftrag gegebene Werk basiert auf einem eben dort entstandenen kurzen Stück für Violine und Klavier. Die Tonfolgen und die Harmonieverbindungen, aber auch die Form bilden – vielfältig variiert und transformiert – die Keimzellen zu dem viersätzigen Duo, das wiederum Material und Basis im Lauf der Arbeit für fast gleichzeitig entstandene drei weitere Werke wurde, die ihrerseits dieses Duo wieder inspirierten.

Ein Prolog des Cellos, ausgehend vom Centralton Cis, eröffnet wie im griechischen Drama das folgende Geschehen. Verdichtung und Auflösung, gestische und inhaltliche Gegenüberstellungen, das Hinterfragen des immer gleichen Materials sind eines der Bausteine dieses Duos. Dieses Prinzip spielt sowohl innerhalb der Sätze als auch in der äußeren Form der vier Sätze die entscheidende Rolle.

Der erste Satz ist ein dramatischer, beinahe gesungener Dialog zwischen den beiden Instrumenten. Der zweite Satz ist quasi ein Scherzo, flüsternd, hektisch, Tonsplitter hin-und herzerrend. Seiner Zerrissenheit stemmt sich immer wieder eine Linie entgegen. Der dritte Satz bildet den eigentlichen Kern des ganzen Duos. Er treibt den vorher noch spielerischen Dialog in eine rhythmische und tonale Unerbittlichkeit und beinahe Gewaltsamkeit, wobei zwei zeitliche Ebenen aufeinanderprallen. Jede Stimme versucht in sich gefangen, sich zu befreien, auszubrechen.

Unvermittelt folgt der letzte Satz, ein sehr langsamer Klagegesang, diesmal mit einem Prolog der Geige. Dieses Lento ist Rückblick und Nachklingen des ganzen Geschehens. Als Schlusston erklingt in der Violine das viergestrichene Cis – ein Orgelpunkt zu dem im Cello in umgekehrter Richtung verlaufenden Prolog aus dem ersten Satz.“

Gabrielle Brunner ist Geigerin und Komponistin. Sie wuchs in München in einer Musikerfamilie auf. Ihr Vater ist der Schweizer Klarinettist Eduard Brunner. Als Vierjährige begann sie mit dem Geigenspiel. Bis zu ihrem Abitur war sie Schülerin von Ana Chumachenko, dann studierte sie am Konservatorium Bern bei Max Rostal. Sie schloss ihr Studium mit dem Lehr- und Solistendiplom ab und besuchte anschließend die Meisterklasse von Igor Ozim. Zu ihrem Geigenrepertoire gehören neben zahlreichen Kammermusik-Werken auch viele Solowerke, u.a. von Brian Ferneyhough (Unsichtbare Farben und Intermedio a la ciaconna), von Luciano Berio (Sequenza 8) oder auch die speziell für sie komponierten Solowerke von Christian Henking. Sie ist ein gern gesehener Gast bei zahlreichen Kammermusik-Festivals (u.a. Oleg Kagan Festival in Kreuth, Sviatoslav Richter Festival in Moskau und Festival in Tomils). Im September 2004 gründete sie ihr eigenes Kammermusikfestival im Haberhuus in Köniz bei Bern.

Prägend für ihre Karriere als Komponistin wurden Meisterkurse bei György Kurtág und Lorand Fenyves. 2006–2009 studierte sie Komposition bei Daniel Glaus an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK und schloss im April 2009 mit dem Kompositionsdiplom ab. In dieser Zeit entstanden zahlreiche Auftragswerke, die unter anderem beim Tonkünstler-Fest Zürich und beim Festival L’art pour l’Aare erst- und uraufgeführt wurden. Ihre neuesten Uraufführungen waren Schatten Rosen, uraufgeführt im Mai in Zürich, und eine Vesper für das Tonkünstlerfest Bern Anfang September.