Fantaisie sur des thèmes populaires françaises, op. 31 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Vincent d'Indy

Fantaisie sur des thèmes populaires françaises, op. 31

Fantaisie sur des thèmes populaires françaises, op. 31 für Oboe

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

Lent – Gaiment et pas trop vite

Erläuterung

2018
Mit der Gründung der Société des Instruments à vent im Jahre 1878 begann in Paris die Renaissance der französischen Bläsermusik. In den Konzerten der „Gesellschaft für Holzblasinstrumente“ wurden in den folgenden Jahrzehnten nicht nur wertvolle Bläserwerke der Vergangenheit wie Mozarts Bläserserenaden für das Konzertleben wieder gewonnen, sondern vor allem neue Bläserwerke der bedeutendsten französischen Komponisten des Fin de siècle zur Aufführung gebracht. Daraus entstand im Laufe der Jahre ein reichhaltiger, bis heute kaum gesichteter Werkkatalog. Die Mainzer Musikwissenschaftlerin Ursula Kramer trug für die Colloquia zur Kammermusik der Villa Musica in Schloss Engers eine Liste dieser Werke zusammen, authentische Zeugnisse für die Bläsermusik der Belle époque zwischen 1878 und 1914 und ein musikalisches Spiegelbild der Metropole Paris zwischen dem französischen Nationalismus der dritten Republik und dem Exotismus der Weltausstellungen, zwischen den gelehrten Gesellschaften und den mondänen Salons.

Auch Vincent d’Indy hat mehrere Originalwerke für die Société geschaffen und sich dort die Anregung für ein besonders originelles Orchesterwerk geholt: seine Fantaisie pour Orchestre et Hautbois principal, Opus 31. In dieser schillernd orchestrierten Bearbeitung französischer Volkslieder spielt der Solo-Oboist des Orchesters sämtliche Liedmelodien, ohne als eigentlicher Solist nach vorne gestellt zu werden. In der Fassung mit Klavierbegleitung ist dieses reizvolle Spiel natürlich nicht mehr nachzuvollziehen und auch viele klangliche Nuancen wie etwa die gezupften Saiten beim ersten Lied kann der Pianist nur andeuten. Immerhin aber hat man es mit einem der schönsten französischen Konzertstücke der Epoche zu tun.

D’Indy gilt bis heute als der französische Wagnerianer schlechthin, obwohl nur ein Teil seiner Musik von Richard Wagner inspiriert wurde. Er war ebenso interessiert an den Werken der alten Meister wie Jean-Philippe Rameau, dessen Opern er edierte und in der Orchestrierung redigierte, am Gregorianischen Choral und an „gallischer Musik“, d.h. an solcher Musik, die französische Leichtigkeit und Volkstümlichkeit widerspiegelte. Dem entsprechen sämtliche Liedmelodien, die d’Indy für sein Opus 31 herausgesucht hat: Sie stehen sämtlich in Dur, sämtlich im Dreiertakt und wirken durch typische Elemente des Volksgesangs wie kurze Vorschläge oder schnelle Tonrepetitionen authentisch „rustikal“. Als Wagnerianer konnte es d’Indy freilich nicht lassen, dem fröhlichen Reigen der Tanzweisen in G-Dur und H-Dur eine schwermütige langsame Einleitung voranzuschicken. In Wagnerscher Chromatik senkt sich eine g-Moll-Weise in die Tiefe. Sie kehrt später als „Leitmotiv“ zwischen den Tänzen wieder.