Silenzio (1991) | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Sofia Gubaidulina

Silenzio (1991)

Fünf Stücke für Bajan, Violine und Violoncello

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Erläuterung

1991 komponierte Sofia Gubaidulina ein fünfsätziges Trio für Bayan, Violine und Violoncello, das sie Silenzio nannte, „Stille“. Sie widmete es der Akkordeonistin Elsbeth Moser, die damals auch in Projekten der Villa Musica häufiger zu hören war. 1991 spielte Moser in Hannover die Uraufführung mit der Geigerin Kathrin Rabus und dem Cellisten Christoph Marks.

Keith Anderson erklärte Anlass, Titel und Struktur des Werkes: „Silenzio (Stille) wurde der Akkordeonistin Elsbeth Moser gewidmet, deren Persönlichkeit als Inspirationsquelle für das Werk diente. Wie die Komponistin erklärt, muss der größte Teil des Werkes Pianissimo gespielt werden. Dabei hatte sie aber nicht die Absicht, Stille darzustellen oder einen ähnlichen Eindruck zu erwecken. Für sie ist die Stille das Fundament, auf dem die Dinge wachsen. Exakte rhythmische Proportionen kehren in allen fünf Sätzen in unterschiedlichen Formen wieder, mal nur verborgen, mal ganz offensichtlich als Proportionen von Notenlängen. Im Finale werden verborgene und offenkundige Proportion zur Synthese gebracht: Das gleiche Zahlenverhältnis 7:2:5, das die drei Abschnitte des Satzes zueinander in Proportion setzt, liegt auch den ständig wiederkehrenden rhythmischen Sequenzen des Bayan zugrunde, der quasi Variationen über einen Rhythmus spielt.“ (Ketith Anderson)

Zum Stil von Silenzio hat John Warrack im Magazin Gramophone einige schöne Beobachtungen gemacht: „In der langen Werkliste von Sofia Gubaidulina taucht der Bayan nur gelegentlich auf. Dabei handelt sich um eine Knopfharmonika, also ein mit Knöpfen statt Tasten gespieltes Akkordeon, das ihr als Folklore-Instrument aus ihrer tatarischen Heimat vertraut ist. Die ungewöhnliche Anordnung der Knöpfe und die daraus resultierende Spieltechnik hat die in Hamburg lebende Komponistin nicht zufällig mit deutschem Fachwerk verglichen, wo die hölzerne Struktur eines Bauwerks offengelegt statt verborgen wird. Ebenso möchte sie in ihrer Musik ‚die Konstruktion eines Instruments sichtbar machen und in eine ästhetische Qualität verwandeln’. Gubaidulinas feines Ohr und ihre Begabung für subtil arrangierte und kontrastierte Formen erhalten in diesem mehr als halbstündigen Stück das Interesse aufrecht, selbst wenn die Musik eher sanft und kontemplativ ist als in irgendeiner Weise dramatisch. Neben Schostakowitsch, der sie in schwierigen Sowjetzeiten sehr ermutigt hat, nennt Gubaidulina nur eine eher überraschende Figur als bedeutenden Einfluss: Anton Webern. Es finde sich aber, so sagt sie selbst, keine offensichtliche Spur von beiden in ihrer Musik. Tatsächlich offenbaren die fünf Sätze von Silenzio, selbst wenn sie keine Reihentechnik enthalten, eine Webernsche Neigung zur Stille und zu delikaten Klängen, die den Zuhörer zur Konzentration zwingen.“ (John Warrack)