Romanze Des-Dur, op. 22,1

Romanze Des-Dur, op. 22,1 für Klavier

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Erläuterung

Der 30. September 1853, der Tag, an dem der zwanzigjährige Brahms zum ersten Mal das Haus der Schumanns betrat, war in mehrfacher Hinsicht ein bedeutungsvolles Datum. Dem in die Krise geratenden Schumann brachte er die Begegnung mit einem Genie der jungen Generation, in das der ältere Komponist alle unerfüllten Hoffnungen des eigenen Schaffens hineinprojizieren konnte. Schon am 28. Oktober 1853 veröffentlichte Schumann in der Neuen Zeitschrift für Musik seinen berühmten Artikel Neue Bahnen, in dem er Brahms vor der musikalischen Öffentlichkeit als das Komponistengenie der Zukunft pries. Dieser Anspruch blieb für Brahms zeitlebens ein Ansporn, freilich in einer sehr viel gebrocheneren Weise, als es Schumann erahnt hatte. Im Gegensatz zu dem naiv-romantischen Zukunftsglauben seines Mentors war Brahms der Inbegriff eines innerlich befangenen, über die Maßen selbstkritischen Komponisten, der sich als Erbe der musikalischen Vergangenheit verstand und sich diesem Anspruch ausgesetzt sah. Der Melodienreichtum und die jugendliche Kraft seiner Frühwerke weichen in den späteren immer mehr dem Reflektierten und Gebrochenen.

Clara Schumann spielte in dieser komplizierten künstlerischen Auseinandersetzung die Rolle der Muse und Ratgeberin, welche sie für Brahms zeitlebens blieb, nachdem er die jugendliche Schwärmerei für die Frau des Freundes überwunden hatte. Die intimen Implikationen des Dreiecksverhältnisses zwischen Robert, Clara und Johannes wird wohl niemand jemals ergründen können, die künstlerischen Früchte aber rühren noch heute jeden Hörer auf eine tief romantische Weise, so auch die drei Romanzen für Violine und Klavier, Opus 22, die Clara 1853 für Joachim und sich geschrieben hat. Wie so viele ihrer Werke blieben auch sie zu Lebzeiten ungedruckt und wurden erst 1983 – 130 Jahre nach ihrer Entstehung – im Druck herausgebracht. Wir hören die erste dieser drei Romanzen in Des-Dur, Opus 22,1.