Norwegische Tänze, Opus 35 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Edvard Grieg

Norwegische Tänze, Opus 35

Norwegische Tänze, Opus 35 (bearbeitet von David Walter)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

Allegro marcato
Allegretto tranquillo e grazioso
Allegr moderato alla marcia
Allegro molto – Presto e con brio

Erläuterung

1881 brachte Edvard Grieg seine Norwegischen Tänze für Klavier zu vier Händen heraus. Es war die Antwort des Norwegers auf die rasend erfolgreichen Slawischen Tänze Antonín Dvořáks und die Ungarischen Tänze von Johannes Brahms. Die beiden Kollegen hatten ihre Tanzserien für Klavier zu vier Händen 1878 und 1881 im Verlag Simrock herausgebracht. Dessen ewiger Konkurrent Peters in Leipzig konterte nun mit den „Norwegischen“ von Grieg und konnte angesichts der billigeren Preise seiner Ausgaben rasch aufholen.

Die Komponisten waren einander freundschaftlich verbunden, doch für die Verleger war es ein harter Konkurrenzkampf um die Gunst der musikalischen Laien, die damals – lange vor den Zeiten von Radio und Stereoanlage – bevorzugt am heimischen Klavier saßen und dort mit Freunden vierhändig spielten. Kein Wunder, dass diese passionierten Hausmusiker den Verlegern die Nationaltänze drei großen Romantiker förmlich aus der Hand rissen – wobei es nur die Ungarn verwunderte, dass Brahms keiner der Ihren war, während die Tschechen und Norweger notwendig stolz darauf waren, dass es ihren Komponisten gelang, der Volksmusik ihrer Heimat in ganz Europa Gehör zu verschaffen.

Schon wenig später begannen die Bearbeitungen aus dem Boden zu sprießen, zuerst solche für Orchester, die Dvořák stets selbst und in einem Fall sogar für seinen Freund Brahms besorgte, Letzterer meist andere erledigen ließ. Nur Grieg wagte sich damals noch nicht an eine Orchestrierung seiner Tänze, da das Terrain von den „norwegischen Rhapsodien“ seines Freundes Johan Svendsen besetzt war. Die Orchesterfassung seiner Norwegischen Tänze besorgte deshalb Robert Henriques – sehr zu Griegs Zufriedenheit.

Unsere jungen Musiker spielen ein Arrangement für Bläserquintett von David Walter, das sich an den Lagen im vierhändigen Klaviersatz orientiert: Eine Tanzmelodie im Diskant des ersten Spielers fällt der Flöte oder Oboe zu, eine in der linken Hand des zweiten Spielers dem Fagott, die Begleitung kann mühelos auf die Reststimmen verteilt und dem Bläserklang angepasst werden.

Der eigentliche Zauber der Stücke liegt natürlich in ihrem authentischen norwegischen Volkston. Für den ersten Tanz verwendete Grieg den populären Sinklar-Marsch, für die letzten drei so genannte „Hallings“, traditionelle norwegische Brauttänze junger Männer, die schnell und sehr akrobatisch auszuführen sind. Die knappen Themen dieser Tänze schmückte Grieg frei aus, fügte jeweils einen Mittelteil als Trio ein, und erhielt so typische Konzerttänze, die er wie eine Art Sonate anordnete: Das ausgedehnte erste Stück dient als Allegro in d-Moll (mit D-Dur-Trio). Als langsamer Satz folgt ein kurzes, graziöses Allegretto in A, als Scherzo ein simpler Marsch in G, als Finale ein rauschendes Presto in D-Dur (mit Trio in d-Moll).

Karl Böhmer