Trio h-Moll, op. 27 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Edouard Destenay

Trio h-Moll, op. 27

Trio h-Moll op. 27

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

Allegro vivace
Andante non troppo – Largo e nobile
Presto

Erläuterung

Auch die französische Musikgeschichte kennt noch ihre weißen Flecken: Edouard Destenay, 1850 in Algier geboren und 1924 in Paris gestorben, ist einer der bis heute kaum beachteten Zeitgenossen von Gabriel Fauré und Claude Debussy. Im Gegensatz zum Vater des „Impressionismus“ und dessen berühmtesten Exponenten blieb er zeitlebens romantischen Traditionen verhaftet, wovon besonders seine Romantische Symphonie für Klavier und Orchester zeugt. Er war Ritter der Ehrenlegion und erklomm hohe Positionen im Pariser Musikleben, war aber nach seinem Tod rasch vergessen.

Seine wichtigsten Kammermusikwerke schuf er in den Jahren um 1900: das Premier Quintette für Klavier und Streicher in Es-Dur und das Deuxième Quintette für Harfe und Streicher in der gleichen Tonart, Opera 11 und 12. Darauf folgten 1910/11 ein Klaviertrio in a-Moll und ein Klavierquartett in g-Moll. In den Zwanziger Jahren schrieb er dann je eine Cello- und Violinsonate, nachdem er sich vor dem Ersten Weltkrieg eher mit Genrestücken für die beiden Instrumente einen Namen gemacht hatte: Die drei Hefte seiner Kleinen Stücke im Alten Stil für Violine und Klavier waren ebenso beliebt wie seine drei Opera mit Cellostücken unter dem Titel Im Herbst des Lebens (A l’Automne de la vie). Auch die Pianisten spielten mit Begeisterung seine illustrativen Stücke im späten Salonstil wie die Tarantella für Klavier zu vier Händen, op. 16, oder Choral und Fuge für zwei Klaviere, op. 29.

Unmittelbar vor diesem gewichtigen Werk schrieb Destenay 1906 sein Trio e-Moll in der seltenen Besetzung Oboe, A-Klarinette und Klavier. Er widmete es zwei führenden Bläsersolisten des damaligen Pariser Musiklebens: dem Solo-Oboisten der Societé des Concerts du Conservatoire, Bleuzet, und dem Solo-Klarinettisten der Concerts Lamoureux, Stievenard. Unmissverständlich offenbart das Trio in allen drei Sätzen die Inspirationsquellen des Komponisten: Mendelssohn und Schumann, Gounod und Saint-Saëns.

Mendelssohnscher Brio liegt über dem Beginn des Allegro vivace, der ganz vom Dialog der beiden Bläser lebt: Eine Arabeske der Klarinette wird von der Oboe mit einem sehnsüchtigen Seufzer beantwortet. Beide Motive zusammen bilden das dramatische Hauptthema eines großzügig dimensionierten Sonatensatzes. Das Klavier steuert pathetische punktierte Rhythmen bei, die auch als Motiv für die Überleitung dienen. Das Seitenthema (seltsamerweise wieder in h-Moll) wird von der Klarinette angestimmt, ein melodisch weit gespannter Bogen im innigen Ton Robert Schumanns. Dem Klavier alleine gehört die ruhige Schlussgruppe in D-Dur, so dass die Gewichte gerecht verteilt sind.

Der langsame Mittelsatz in gis-Moll wird ganz von den gesanglichen Qualitäten der beiden Blasinstrumente beherrscht, was der Komponist in schlagender Einfachheit inszeniert hat: Zuerst stimmt die Oboe eine wehmütige Weise in mehr deklamatorischem Stil an, dann singt die Klarinette ihr wunderschönes gis-Moll-Thema dolce cantabile vor sich hin, getragen von einer eigenwilligen Arpeggio-Begleitung des Klaviers. Wieder löst die Oboe ihre Gesprächspartnerin mit einem neuen Thema in As-Dur ab (Largo e nobile), bis die beiden Blasinstrumente endlich zusammen kommen und nach einer großen Steigerung das lang gestreckte Klarinettenthema im Dialog wieder aufgreifen. Erst in der Coda löst sich das Klavier aus seiner Rolle als Begleiter. Eine Art Klavierkadenz mit Bläserbegleitung beschließt den Satz ab und erklärt auch den Beginn des Finales, das vom Klavier eröffnet wird. Erst in langem Anlauf finden alle drei Instrumente zum Hauptthema, einem robusten Tanz in dorischem h-Moll. Triolen in allen drei Instrumenten bestimmen dieses überaus wirkungsvolle Presto-Finale.