Klaviertrio g-Moll op. 8
Werkverzeichnisnummer:
1. Allegro con fuoco
2. Scherzo. Con moto, ma non troppo – Trio (sotto voce, dolce)
3. Adagio sostenuto
4. Finale. Allegretto
Mit wuchtigen Akkorden, gefolgt von einer Klavierarabeske, hebt der erste Satz an. Das Feuer dieses Allegro con fuoco lodert zunächst eher unterschwellig, denn schon nach wenigen Takten tritt ein wehmütiges Streicherthema an die Stelle des kraftvollen Beginns. Das Klavier greift dieses eigentliche Hauptthema auf, das durch den Aufstieg von g erst zum c, dann zum d und zur klagenden kleinen Sexte es besonders einprägsam wirkt. Virtuose Passagen in allen drei Instrumenten bestimmen die Überleitung, die aber in kein versöhnliches Durthema mündet. Vielmehr trägt auch der Seitensatz ausgesprochen melancholische Züge: eine Espressivo-Melodie der Violine, von eigenwilligen Triolen des Klaviers untermalt (leggiero). Die Durchführung setzt wieder beim wuchtigen Beginn an, dieses Mal in d-Moll, wobei die Klavierarabeske in virtuosen Fiorituren des Pianisten weiter ausgesponnen wird, untermalt von dem sehnsüchtigen Streicherthema. Letzteres dient als spannungsvolle Rückleitung zur Reprise über drei langen Orgelpunkten auf A, C und D. Die Reprise folgt getreu den Bahnen der Exposition, um in eine furiose Coda zu münden. Con tutta forza, „mit aller Kraft“ stürzt sich der Pianist in rauschende Sechzehntelpassagen, die den Satz zum grandiosen Ende bringen, wobei das Streicherthema nur noch einmal kurz anklingt. Die raumgreifenden Klavierpassagen und die melodischen Wendungen dieses Satzes erinnern mehrfach an das f-Moll-Klavierkonzert.
Dem düsteren Kopfsatz hat Chopin ein freundliches Scherzo in G-Dur folgen lassen, mehr eine gemächliche Mazurka denn ein rauschender Scherzosatz. Chromatik bestimmt sowohl die Linien der Streicher auch als die Achtelfigurationen des Klaviers. Gezupfte Saiten und der hohe, helle Klaviersatz verleihen dem Klang eine delikate Note. Der Anklang an polnische Volstänze zeigt sich noch deutlicher im C-Dur-Trio mit seinen zwischen Streichern und Klavier hin- und herschlendernden Melodien. Eine Mollaufwallung des Klaviers sorgt im zweiten Teil für eine kurze, düster romantische Episode, doch am Ende setzt sich behauptet der freundliche Volkston.
Eine kurze, pathetische Einleitung von vier Takten eröffnet das Adagio sostenuto in Es-Dur, dessen eigentliches Thema eine sanft singende Arienmelodie im italienischen Stil ist, die das Klavier anstimmt. Unmissverständlich schlägt sich in den Verzierungen und dem langen Atem dieses Themas Chopins Bewunderung für die Kunst der italienischen Opernsänger in Paris nieder, für die Malibran, die Pasta und den Tenor Rubini. Die wunderbaren, ausdrucksvollen Linien dieser lange ausgesponnenen Belcanto-Arie wandern zwischen Streichern und Klavier hin und her. Dolce und dolente, „süß“ und „schmerzlich“, lösen einander im Ausdruck ab. Kurz vor dem Ende kommt es zu einer überraschenden, dramatischen Aufwallung im Klavier (stretto, pesante), doch das wunderschöne Thema beschließt den Satz versöhnlich und verträumt, wie ein Chopinsches Notturne.
Im Allegretto-Finale war es dann unverkennbar der junge Virtuose, der dem Komponisten die Hand führte: Das tänzerische Klavierthema ist ganz auf Wirkung angelegt und bleibt dem Pianisten an Möglichkeiten für perlendes Laufwerk nichts schuldig. Freilich setzt der Satz wieder in g-Moll an, verweigert also den Durchbruch ins heitere G-Dur. Die für Chopin so charakteristische Melancholie schwebt schon über dem zarten Beginn und kehrt im Satzverlauf immer wieder, trotz aller wuchtigen Steigerungen und effektvollen Passagen.