Cellosonate c-Moll op. 6 für Violoncello und Klavier
Werkverzeichnisnummer:
Violoncello
Klavier
Allegro ma non troppo
Adagio – Presto – di nuovo Adagio
Allegro appassionato
„The American Way of Cello“ – so könnte man etwas salopp die Cellosonate des jungen Samuel Barber beschreiben. Schon im Studium machte der Komponist aus Pennsylvania aus seinen Vorlieben für die romantische Musik und für Italien keinen Hehl. Beides hat sein Lehrer Rosario Scalero nach Kräften gepflegt. Der Italiener aus Piemont hatte in seiner Heimat Violine bei dem Paganini-Schüler Camillo Sivori und in Wien Komposition bei dem Brahms-Freund Eusebius Mandyczewski studiert. So verbanden sich in Scaleros Musikauffassung die deutsche und die italienische Romantik zu einer eigenwilligen Mischung, die er an seine Schüler am Curtis Institute in Philadelphia weitergab, wo er in den Zwanziger Jahren Komposition lehrte. Zu seinen begeisterten Studenten zählten damals der Amerikaner Samuel Barber und der Italiener Gian Carlo Menotti, die bald künstlerisch wie privat ein Paar wurden. Auch in ihrer Musik standen sie sich nahe – dank ihres gemeinsamen Lehrers Scalero. Barber hat seine frühe Cellosonate seinem Lehrer gewidmet.
Sie wirkt wie ein Manifest seiner zutiefst romantischen Musikauffassung, steht sie doch in c-Moll und in den traditionellen Formen einer klassisch-romantischen Duosonate: Der Kopfsatz ist ein Allegro ma non troppo in ausgeprägter Sonatenform, im Mittelsatz hat Barber Adagio und Scherzo miteinander verbunden, das abschließende Allegro appassionato erfüllt alle Anforderungen an ein leidenschaftlich gesteigertes Finale. Auch im Detail entspricht die Musik völlig seiner zutiefst konservativen Auffassung vom Komponieren, wie es die amerikanische Musik der Dreißigfer und Vierziger Jahre insgesamt prägen sollte – ganz im Gegensatz zu den „Neutönern“ in Europa: „Wenn ich eine abstrakte Sonate oder ein Konzert schreibe, schreibe ich, was ich fühle. Man sagt, ich habe überhaupt keinen Stil, aber das ist nicht wichtig.“
Seine Position im amerikanischen Musikleben konnte Barber schon früh erringen. Bereits für seine ersten Werke fand der Student am Curtis Institute in Philadelphia breite Zustimmung. Als Achtzehnjähriger gewann er den Bearns Prize der Columbia University, später zweimal den Pulitzer Prize. Dabei hatte Barber ursprünglich eine Karriere als Bariton angestrebt, was für seinen Stil Folgen hatte. Wie die Cellosonate zeigt, war er ein Komponist der gesanglichen Linie und des spätromantischen Ausdrucks – unbeeindruckt von den Experimenten der Moderne. „Elemente des Barber-Stils, die während seiner Studienjahre aufkamen – die langen, lyrischen Linien und der gekonnte Einsatz instrumentaler Timbres und Techniken – wurden später nicht mehr radikal verändert“ (R. Jack¬son). Diese Eigenarten prägen auch die Cellosonate in c-Moll aus dem Jahre 1936.