Die Entführung aus dem Serail, Harmoniemusik nach dem Singspiel KV 382 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Die Entführung aus dem Serail, Harmoniemusik nach dem Singspiel KV 382

Die Entführung aus dem Serail, Harmoniemusik nach dem Singspiel KV 382

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Satzbezeichnung

Overtura Presto
Andante („Hier soll ich Dich denn sehen“)
Allegro („Ich gehe, doch rate ich dir“)
Andante grazioso („Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln“)
Andante („Wenn der Freude Tränen fließen“)
Allegro vivace („Ha, wie will ich triumphieren“)
Allegro („Welche Wonne, welche Lust“)
Allegro („Vivat Bacchus, Bacchus lebe“)

Erläuterung

„Nun habe ich keine geringe arbeit. – bis Sonntag acht tag muß meine Opera auf die harmonie gesezt seyn – sonst kommt mir einer bevor – und hat anstatt meiner den Profit davon […] sie glauben nicht wie schwer es ist so was auf die harmonie zu setzen – daß es den blasinstrumenten eigen ist, und doch dabey nichts von der Wirkung verlorengeht…“. Will man Mozarts Brief an seinen Vater vom 20. Juli 1782 Glauben schenken, so hatte er nach der Uraufführung seines Singspiels „Die Entführung aus dem Serail“ nichts Eiligeres zu tun, als die Oper für Bläseroktett zu arrangieren – für Harmoniemusik.

Die Zweitverwertung von Opern in dieser Form war im Wien der 1780er Jahre ein lukratives Geschäft. Es gab Profi-Arrangeure, die den Markt beherrschten, wie etwa der Böhme Johann Wendt, von dem unser Arrangement der „Entführung“ stammt. Mozarts Entschluss, sich in diesen Markt einzumischen, war für die Zeit eher ungewöhnlich – kein Opernkomponist setzte seine Stücke selbst „auf die harmonie“, doch er hatte gute Gründe. Die Schöpfer jener Opernmelodien, von denen andere „den Profit hatten“, bezogen nach dem einmaligen Honorar für die Ablieferung der Opernpartitur damals weder Tantiemen für weitere Aufführungen noch für Übernahmen an andere Bühnen oder Arrangements. Es war erst Richard Strauss, der diese selbstverständlichen Rechte eines Komponisten an seinem Werk erstritt; Mozart musste sich mit den paar hundert Dukaten Autorenhonorar und der Ehre der Uraufführung begnügen. Kein Wunder, dass er als frisch gebackener Ehemann und Wiener Neubürger 1782 seinen teuren Hausstand durch ein eigenes Arrangement der „Entführung aus dem Serail“ aufzubessern hoffte, zumal ihm der Premierenerfolg des Singspiels angedeutet haben dürfte, welche „Schlager“ er hier in die Wiener Welt gesetzt hatte.

Ob es zu dieser „Arbeit“, von der Mozarts Brief berichtet, jemals gekommen ist, darüber streiten sich die Gelehrten bis heute. Eine unzweifelhaft von Mozarts Hand geschriebene „Harmoniemusik“ zur Entführung ist bis heute nicht aufgetaucht, lediglich die so genannte „Donaueschinger Fassung“ aus der reichen Musiksammlung der Fürsten zu Fürstenberg ist mit der legendären Mozart-Version in Verbindung gebracht worden.

Unser Ensemble entschied sich für das Arrangement des schon erwähnten Johann Wendt, des geschäftstüchtigsten Arrangeurs „auf die Harmonie“ in Wien. Ein Katalog aller heute noch erhaltenen Harmoniemusiken verzeichnet für Wendt neben 49 selbst komponierten Serenaden auch Arrangements von 73 zeitgenössischen Opern, manche davon gleich mehrfach. Von Mozart hat er alle vier Wiener Opern und den Prager „Don Giovanni“ arrangiert. Unser Arrangement der „Entführung aus dem Serail“ ist handschriftlich in Paris erhalten und wurde bereits vor 1800 von dem Wiener Verleger Traeg publiziert.
Die Fassung besteht aus der Ouvertüre und sieben ausgewählten Nummern, die sich zwanglos zu einer Suite für Bläser fügen. Belmontes erste Arie wirkt wie das Andante aus einer Bläserserenade, ebenso seine spätere pathetische Arie „Wenn der Freude Tränen fließen“ oder Blondchens liebenswürdiges Rondeau „Durch Zärtlichkeit und Schmeicheln“. Um diese langsamen Sätze hat Wendt geschickt schnelle Nummern gruppiert: das Duett zwischen Osmin und Blondchen „Ich gehe, doch rate ich dir“ als Allegro mit Jagdcharakter; Blondchens schnelles Rondo „Welche Wonne, welche Lust“ und das „Vivat Bacchus“ des betrunkenen Osmin mit Pedrillo als Kehraus-Finale.