Oboenkonzert c-Moll, Arrangement von Arthur Benjamin nach den Cembalosonaten von Cimarosa
Werkverzeichnisnummer:
1. Introduktion
2. Allegro
3. Siciliano
4. Allegro
Das Oboenkonzert von Domenico Cimarosa ist – wie Strawinskys Suite italienne – eine Bearbeitung italienischer Musik aus dem 18. Jahrhundert durch einen Musiker des 20. Jahrhunderts: 1942 veröffentlichte der amerikanische Verlag Boosey & Hawkes jenes „Oboenkonzert“ des Mozartzeitgenossen Cimarosa, das dieser nie geschrieben hat. Aus vier Cembalosonaten des Neapolitaners hatte Arthur Benjamin ein viersätziges „Konzert“ zusammengestellt, das in Wahrheit kaum mehr ist als eine Sonate mit Streicherbegleitung: Vier Sätze im zweimaligen Wechsel langsam-schnell geben dem Oboisten Gelegenheit, mal träumerische Melodien in Moll zu spielen, mal virtuose Passagen in Dur, wobei die Streicher durchweg nur begleiten. Mit einem Oboenkonzert, wie es Cimarosa hätte schreiben können, hat diese Bearbeitung selbstverständlich nichts zu tun. Nicht nur in der Ouvertüre zu seiner berühmtesten Oper, Die heimliche Ehe (Il matrimonio segreto), bewies Cimarosa, dass er ein Meister der Instrumentierung war. Auch seine Seria-Opern und seine übrigen Opere buffe enthalten Ouvertüren, die an orchestraler Pracht und melodischer Schönheit hinter den Mozartschen nicht zurückstehen. Außerdem finden sich in vielen Opern virtuose Oboensoli. Mindestens in seinem bekannten Doppelkonzert für zwei Flöten und Orchester hat Cimarosa bewiesen, dass er auch Konzerte im Stil der Wiener Klassik schreiben konnte.
Vor diesem Hintergrund wirkt das arrangierte Oboenkonzert von Cimarosa-Benjamin fast klischeehaft: So stellte man sich im Amerika der Vierziger Jahre italienische „Frühklassik“ vor. Freilich: „Kitsch sells“. Lässt man die Skrupel beiseite, so hört man zwei wunderschöne langsame Sätze im reinen neapolitanischen Stil und zwei muntere Allegrosätze voll italienischer Heiterkeit. Den Kopfsatz übernahm Benjamin aus einer zweisätzigen Cembalosonate in c-Moll, deren zweiten Satz er gegen ein anderes Allegro eintauschte (Sonata in G-Dur). Als dritten Satz wählte er ein Siciliano aus einer a-Moll-Sonate, deren zweiten Satz er wieder unberücksichtigt ließ. Stattdessen suchte er als Finale eine einsätzige C-Dur-Sonate im Dreiertakt heraus mit einem kurzen, verträumten Mittelteil in c-Moll. Im Original sind alle diese Sätze nur zweistimmig, in Benjamins Bearbeitung dagegen sind sie mit Streicherklängen reichlich ausstaffiert, auch mit Klangeffekten (Pizzicato, Triller). Anklänge an die pseudo-barocken Filmmusiken jener Ära (Miss Marple) sind rein zufällig.