Klavierkonzert Nr. 15 C-Dur, KV 415 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Klavierkonzert Nr. 15 C-Dur, KV 415

Klavierkonzert Nr. 15 C-Dur, KV 415

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Besetzung

Klavier
Orchester

Satzbezeichnung

Allegro
Andante
Allegro

Erläuterung

Von den drei Klavierkonzerten KV 413 bis 415 ist das dritte das prachtvollste und kunstreichste – ein „großes Konzert“, das Mozart nicht zufällig für seine Akademie im Hofburgtheater am 23. März 1783 auswählte, zu der sich auch Kaiser Joseph II. angesagt hatte. Zu Ehren des Monarchen hat er für diese Aufführung die ursprüngliche Orchesterbesetzung aus Streichern und je zwei Oboen, Fagotten und Hörnern um Pauken und Trompeten erweitert. Mit fürstlichen Fanfaren und im Rhythmus eines Militärmarsches wurde der Kaiser im ersten Satz des C-Dur-Konzerts angemessen begrüßt.

Wir kennen das genaue Programm dieses Abends: Er wurde von den ersten drei Sätzen der Haffner-Sinfonie, KV 385, eröffnet. Ihr Finale bildete den Schluss. Dazwischen sangen befreundete Sänger bedeutende Szenen und Arien von Mozart: Seine Schwägerin Aloysia Lange hatte sich die zweite Arie der Ilia aus dem Idomeneo herausgesucht und brachte das eigens für sie geschriebene Rondo KV 416 zur Uraufführung. Der Tenor Valentin Adamberger, Mozarts erster Belmonte, sang die Konzertarie KV 369, die Sopranistin Therese Teyber eine Arie der Giunia aus Lucio Silla. Mozart spielte wie üblich nicht nur ein Klavierkonzert, sondern zwei: neben der Uraufführung des C-Dur-Konzerts auch sein D-Dur-Konzert, KV 175, mit dem Rondeau, KV 382, als neuem Finale. Solo spielte er „eine kleine Fuge, weil der kayser da war“ sowie zwei lange Variationenzyklen. Zu allem Überfluss erklangen auch noch zwei Sätze aus seiner „Posthorn“-Serenade. Bei einer Spieldauer von rund drei Stunden war dies ein mehr als üppiger Abend, der dennoch zur vollen Zufriedenheit ausfiel: „Ich glaube es wird nicht nötig seyn von dem erfolg meiner academie zu schreiben“, berichtete er stolz dem Vater. „das theater hätte ohnmöglich voller seyn können, und alle logen waren besetzt. Das liebste aber war mir, dass seine Mayestätt der kayser auch zugegen war, und wie vergnügt er war, und was für lauten beyfall er mir gegeben!“

Auf den Kaiser ist das C-Dur-Konzert, KV 415, in vielerlei Hinsicht zugeschnitten, nicht nur im „königlichen“ Klang von Pauken und Trompeten und im Marschrhythmus des Kopfsatzes, sondern auch durch die „gelehrten“ Züge dieses Satzes. Mozart wusste um die Vorliebe des Kaisers für Kanon und Fuge. Deshalb hatte er sich bemüht, das C-Dur-Konzert „ein wenig vernünftig zu schreiben“, wie er es zwei Jahre zuvor mit der Es-Dur-Serenade für Bläser KV 375 getan hatte, die ebenfalls dazu bestimmt war, dem Kaiser zu imponieren. Das Marschthema, mit dem KV 415 anhebt, wird nicht sofort vom vollen Orchester eingeführt. Vielmehr setzen die hohen Streicher nacheinander im Kanon ein. Auf diesen gelehrten Anfang folgt ein rauschendes Tutti, aus dem sich die Geigen erneut mit Imitationen lösen. Immer wieder kehrt das Orchester zum gelehrten Stil des Hauptthemas zurück, das mal zwischen den Geigen, mal zwischen Oberstimmen und Bässen kanonisch hin- und herwandert. Umso simpler setzt das Klavier ein: mit einer spielerischen Phrase von nonchalanter Eleganz, darauf folgt wieder das Hauptthema im Kanon. Im ganzen Satz sind die Rollen so eindeutig verteilt: Das Klavier spielt die Rolle des galanten, im Seitenthema auch empfindsamen Gesprächspartners, während die Streicher ihrem ernsten, gelehrten Duktus treu bleiben. Lediglich zu Beginn der Durchführung setzt auch das Klavier fugenartig ein. Wie im ganzen Konzert sind die Bläser auch im Kopfsatz nicht obligat, sondern färben nur den Streicherklang wechselnd ein – und fügen im Trompetensatz den imperialen Glanz eines echten „Kaiserkonzerts“ hinzu.
Als Mittelsatz hatte Mozart ursprünglich, wie eine Skizze beweist, ein Adagio in c-Moll vorgesehen, das ihm aber offenbar zu pathetisch war. Stattdessen schrieb er ein freundliches, im Klang bezauberndes F-Dur-Andante, dessen Thema ganz dem „singenden Geschmack“ der Italiener huldigt, wie er am Wiener Hof vorherrschte. In seinen Soli konnte Mozart ungehemmt sein raffiniertes „Tempo rubato“ ausspielen und sich zwischendrin auf ein empfindsames Zwiegespräch mit den Streichern einlassen.

„Die Hauptsache muß das komische seyn; denn ich kenne den Wienner geschmack.“ Diese Maxime aus einem Brief vom Mai 1783 hat Mozart im Finale des C-Dur-Konzerts beherzigt: Es ist ein Rondeau von mitreißendem Schwung und gespickt mit humoristischen Pointen. Das Thema, eine elegante Gigue mit einem kessen kurzen Vorschlag und kleinen Pausen, übernimmt das Orchester in aller Pracht vom Klavier. Ein unbeschwerter Kehraus kündigt sich an, doch dann hält plötzlich die Bewegung in einer Fermate inne: Tempo, Takt und Tongeschlecht wechseln. Das Klavier setzt mit einer pathetischen Adagio-Melodie in c-Moll ein. Den theatralischen Effekt dieses Adagio-Einschubs hat Mozart kurz vor Schluss des Satzes noch einmal wiederholt, vermehrt um den klanglichen Reiz der gezupften Streichersaiten. In der Melodie dieses Abschnitts griff er auf die erwähnte Skizze zu dem verworfenen c-Moll-Adagio zurück. Aus dem pathetischen Mittelsatz in Moll wurde also der überraschende Molleinschub im heiteren Finale – ein typisch Mozartscher „Hell-Dunkel-Effekt“, der seine Wirkung nicht verfehlte. Das doppelte retardierende Moment der eingeschobenen Adagio-Teile verleiht den pfiffigen Pointen des Rondothemas doppelte Wirkung. Zugleich konnte der Pianist Mozart neben seiner brillanten Spielart, der „natürlichen Leichtigkeit, Gelenkigkeit und fließenden Geschwindigkeit“ in den virtuosen Passagen, auch die anderen Qualitäten seines Vortrags zeigen: „Geschmack und Empfindung“, also ausdrucksstarke Verzierungen und das beredte Spiel im Adagio. Kein Wunder, dass das Wiener Publikum diesen Satz bei der zweiten Aufführung am 30. März „da capo“ verlangte. „Ich sollte das Rondeau repetirn – ich setzte mich also wieder hin – anstatt dass ich aber das Rondeau wiederhollte; ließ ich das Pult weg thun, um alleine zu spiellen. Da hätten sie aber hören sollen was diese kleine Surprise das Publikum erfreute. – es wurde nicht allein geklatscht, sondern bravo, und Bravissimo gerufen. – der kayser hörte mich auch ganz aus.” Das gesamte C-Dur-Konzert KV 415 ist ein Werk der „kleinen Surprisen“.