Drei Miniaturen für Klarinette und Klavier
Werkverzeichnisnummer:
Klarinette
Klavier
Allegro
Andante cantabile
Allegro ma non troppo
„In der Kammermusik erkennt man die eigentliche Größe eines Komponisten; sie ist wie eine Entblößung: Wenn einer nichts zu sagen hat, hört man es sofort.” Diesen Satz sagte der größte polnische Komponist unserer Zeit, Krzysztof Penderecki, einem Journalisten der Österreichischen Musikzeitschrift, der ihn im Jahr 2000 zu seinem damals neuen Sextett interviewte. Vor einer Woche, am 23. November, ist Penderecki 81 Jahre alt geworden.
Die Kammermusik, verstanden als höchste Verdichtung musikalischer Kunst, spielte in Pendereckis Schaffen nur ganz früh und ganz spät eine herausragende Rolle. Schon vor seiner Studienzeit in Krakau begann der virtuose junge Geiger mit der Komposition von Violinsonaten. Erst in den Neunziger Jahren besann sich der Vorkämpfer neuer Klänge und Meister groß besetzter Chor-Orchester-Werke wieder auf das intime Genre und schrieb Kammermusik in Besetzungen, die dem 19. Jahrhundert nahe zu stehen scheinen: ein Streichtrio, ein Quartett für Klarinette und Streicher sowie das Sextett für Klarinette, Horn, Streichtrio und Klavier – eines der erfolgreichsten Kammermusikwerke der letzten Jahre.
Die Klarinette spielt in allen diesen Spätwerken eine herausragende Rolle – ähnlich wie die Violine in der frühen Kammermusik. Eine Schnittstelle zwischen beiden Instrumenten bilden die Drei Miniaturen für Klarinette und Klavier, entstanden während Pendereckis Studienzeit an der Krakauer Universität. Sie bilden das Gegenstück zu den etwas späteren Miniaturen für Violine und Klavier von 1959. Beide Zyklen bewegen sich noch auf den Bahnen Anton Weberns, mischen aber auch Spuren polnischer Folklore und instrumentale Virtuosität mit ein.
Die Drei Miniaturen für Klarinette und Klavier beginnen mit einem ganz knappen Allegro, einem bizarren Schlagabtausch der beiden Instrumente in schillernden Tonkaskaden, gerade mal 50 Sekunden lang. Der Mittelsatz, Andante cantabile, hebt in der tiefen Klavierlage mit bedrohlichen Akkorden an, über denen sich eine Klagemelodie der Klarinette erhebt. Nach knapp zwei Minuten scheint der Satz mit einer offenen Frage zu enden. Das Finale, Allegro ma non troppo, gibt darauf keine Antwort, sondern platzt wild auftrumpfend und bäuerlich roh in die zarte Stimmung hinein – fast wie ein Allegro barbaro von Bartók. Die hohe Lage der Klarinette und der perkussive Anschlag des Klaviers werden beinahe überstrapaziert, bis ein hoher Triller der Klarinette und ein jäher Absturz den Satz grell ironisch beenden.