Etudes-Caprices Nr. 1 und 4 (aus Op. 18)
Werkverzeichnisnummer:
Nr. 1 Moderato g-Moll
Nr. 4 Tempo di Saltarella a-Moll
Seinen Vornamen Henryk hat der berühmteste polnische Violinvirtuose der Romantik schon in der Jugend gegen das französische „Henri“ eingetauscht. Denn schon mit acht Jahren wurde der Sohn eines Arztes aus Lublin am Pariser Conservatoire zum Studium zugelassen, das er mit 13 glanzvoll abschloss, als er sich die Goldmedaille erspielte. Nach dem Zeugnis vieler Zeitgenossen (Kreisler, Joachim, Auer) war sein Spiel einzigartig. In Bogenhaltung und Vibrato hat er die Geigentechnik revolutioniert, was er zuerst auf Konzertreisen im Duo mit dem Belgier Vieuxtemps praktizierte, später als Mitbegründer der russischen Geigenschule am Petersburger Konservatorium. In Paris stand er in regem Austausch mit Exilpolen wie Chopin, die ihn zum Komponieren anregten. Seine Violinkonzerte und brillanten Violinstücke gehören zum Kernbestand des Virtuosenrepertoires der Romantik. Besonders seine russischen Schüler haben seinen Stil des Geigenspiels und der Komposition weitergeführt.
Die Etudes-Caprices Opus 18 sind hoch virtuose Geigensoli mit Begleitung einer zweiten Violine, quasi Konzertetüden, die sich jeweils besonderen Vortragsarten und technischen Schwierigkeiten widmen. In der ersten Etüde in g-Moll geht es zunächst ums Legato mit gleichmäßig starkem, vollem Ton, danach um Triller im Wechsel mit Martellato. Die vierte Etüde in a-Moll ist ein Saltarello, ein wirbelnder italienischer Volkstanz aus der Gegend um Rom, gespickt mit Staccato- und Flageolett-Kunststücken in unausgesetzten Triolen. Beide Etüden zeugen von der Vorliebe für das virtuose Duospiel, wie es sich besonders in Paris lange gehalten hat.