Sonatine pour Basson et Piano (1957) für Fagott und Klavier
Werkverzeichnisnummer:
Fagott
Klavier
Allegro
Aria
Scherzo
Tansman in Paris
1897 im polnischen Lódz geboren, wurde der Strawinsky-Freund und -Biograph Aleksander Tansman unter seinem französischen Vornamen „Alexandre“ zur festen Größe im Pariser Musikleben vor und nach dem Ersten Weltkrieg. Nachdem er 1917 den ersten und zweiten Preis beim nationalen Kompositionswettbewerb Polens gewonnen hatte, indem er einfach zwei Werke unter verschiedenen Namen eingereicht hatte, die beide ausgezeichnet wurden, konnte er mit einem Stipendium nach Paris reisen. Dort blieb er, von einigen Jahren in den USA abgesehen, für den Rest seines Lebens. Er trat als hochvirtuoser Pianist unter Dirigenten wie Koussevitzky auf und beeindruckte Mengelberg und Toscanini mit seiner Musik so sehr, dass sie seine Stücke in ihr Repertoire aufnahmen.
Stilistisch polyglott, neigte Tansman mal dem gefälligen Stil der Groupe des Six, mal der strengeren Moderne Strawinskys zu, verarbeitete volksmusikalische Anregungen ebenso wie die Zwölfton-Technik. Zu seiner Kammermusik, die immerhin acht Streichquartette, je zwei Klaviertrios und Streichtrios, eine bedeutende Flötensonate, ein Septett u.a. umfasst, gehört auch die Sonatine für Fagott und Klavier aus dem Jahr 1957.
Die Titel der drei Sätze sprechen fast für sich: Das Allegro beginnt als ungeduldig drängendes Fagottsolo über repetierten Klavierakkorden, eine französische Festtagsmusik, die sich alsbald zu einem gemächlichen Spaziergang am Ufer der Seine verlangsamt. Nach diesem Intermezzo, dem zweiten Thema der Sonatinenform, geht es nahtlos in die Reprise des Hauptthemas, dem wieder das gemächliche Seitenthema folgt. Eine spektakuläre Coda beschließt den Satz.
Ein Solo des Fagotts leitet nahtlos in die Aria über. Natürlich handelt es sich dabei um einen neobarocken Satz auf den Pfaden der Bach-Air und anderer langsamer Sätze des Barock, die vom gleichmäßigen Klangteppich imaginärer Streicherakkorde getragen werden, während in der Höhe der Bläsersolist seine ornamentalen Linien ausspinnt. Die Vorhaltsdissonanzen und absteigenden Bässe dieses Satzes sprechen eine deutlich Bachische Sprache, gemahnen aber auch an die wunderschönen langsamen Sätze in der Flöten- und Klarinettensonate von Francis Poulenc. Offenbar wollte Tansman diesen beiden Bläsersonaten seines großen Pariser Zeitgenossen ein ähnlich atmosphärisches Stück für Fagott gegenüberstellen.
Das Scherzo entfaltet eine so funkensprühende Virtuosität, dass die Zunge und die Finger des Fagottisten auf eine harte Probe gestellt werden. Dabei muss, wenn sich die Tonrepetitionen des Fagotts mit den hingetupften Klavierakkorden mischen sollen, alles federleicht klingen. Im Mittelteil des Satzes fand Tansman noch Zeit für eine kleine Bachsche Fuge, bevor die Reprise des Anfangs die Musik wie im Vogelflug in die Höhe entschweben lässt.