Streichquartett a-Moll, op. 35 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Hans Gál

Streichquartett a-Moll, op. 35

für zwei Violinen, Viola und Violoncello

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer:

Besetzung

Violine 1
Violine 2
Viola
Violoncello

Satzbezeichnung

Preludio
Canzona

Erläuterung

Streichquartett a-Moll, op. 35

Als Hans Gál 1890 in Wien als Kind einer ungarischen Musikerfamilie geboren wurde, war Johannes Brahms noch tatkräftig am komponieren. Als er 1987 in seiner Wahlheimat Edinburgh starb, hatte er fast ein Jahrhundert musikalischer Neuerungen Revue passieren sehen, ohne seinen Stil den diversen Richtungen der Avantgarde jemals anzupassen. Im Wien der Jahrhundertwende legte er die Grundlagen für seinen konservativen Stil, den er in den Zwanziger Jahren gewissen Neuerungen des Zeitgeistes öffnete. Seitdem hatte er seine Stilhaltung nicht mehr grundsätzlich gewandelt, was im konservativen Großbritannien ab 1938 auf fruchtbaren Boden fiel. Dorthin musste Gál auf der Flucht vor den Nazis emigrieren, die ihn und seine jüdischen Familie verfolgten.

Heutigen Musikfreunden dürfte der Name Gál vor allem noch durch eine ebenso knappe wie sensible Brahmsbiographie vertraut sein. Seine Musikbücher fanden im Deutschland der Nachkriegszeit weite Verbreitung – anders als seine Kompositionen, die damals schon in Vergessenheit geraten waren. Dabei hatte der Österreicher vor dem Krieg höchst erfolgreich Opern komponiert (Die heilige Ente) und war 1931 zum Direktor des Mainzer Konservatoriums berufen worden, das damals noch „Musikhochschule“ hieß. Unmittelbar nach seiner Wiederwahl 1933 musste er den Hut nehmen – auf Drängen der Nationalsozialisten. Subtil hat Gál die Einnistung der Nazis im liberalen Mainz des Jahres 1933 in seinen Erinnerungen beschrieben.

Zunächst ging er zurück in seine Heimatstadt Wien, fünf Jahre später aber ¬– nach dem „Anschluss“ Österreichs – in die Emigration. 1938 in England angekommen, bot ihm der große Musikwissenschaftler Sir Donald Tovey eine Stelle an der Universität von Edinburgh an, die allerdings nicht gleich frei wurde. Während sich Gál mit Bibliotheksarbeiten über Wasser hielt, starb sein Mentor Tovey, und er musste zurück nach London. Ein zweiter Anlauf, sich in Edinburgh niederzulassen, wurde durch eine Stelle seiner Frau ermöglicht. Doch dann holten den jüdischen Emigranten die Zeitläufte ein: Die deutsche Besetzung Frankreichs löste in England Panik aus und führte zur Internierung aller Deutschen, auch der
vor den Nazis geflohenen Juden. Die englische Bürokratie machte zwischen den Opfern und den Verfolgern keinen Unterschied mehr! Gál musste Edinburgh verlassen und wurde an Pfingsten 1940 in ein Internierungslager im englischen Huyton Bei Liverpool gebracht.Wie hart diese Zeit war, hat er seinem Tagebuch Musik hinter Stacheldraht anvertraut, das 2003 im Verlag Peter Lang gedruckt wurde. Als er im Herbst 1940 endlich nach Edinburgh zurückkehren durfte, begann für ihn ein neuer Lebensabschnitt. Rasch machte er sich in der schottischen Metropole einen Namen, gehörte zu den Gründervätern des Edinburgh Festival und wurde als Pianist, Dirigent und Universitätslehrer gleichermaßen geschätzt.

Seine Musik ist heute fast in Vergessenheit geraten. Die Villa Musica hat in den letzten Jahren verschiedentlich an die Werke aus seiner Mainzer Zeit erinnert, aber auch die Huyton Suite aufgeführt, die im englischen Internierungslager entstand. Sein zweites Streichquartett in a-Moll hat Gál 1929 in Mainz geschrieben, wo es 1931 beim Schottverlag gedruckt wurde. Wir hören daraus den ersten und vierten Satz, Preludio und Canzona