"Ein Sommernachtstraum" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Felix Mendelssohn-Bartholdy

"Ein Sommernachtstraum"

Schauspielmusik zu Ein Sommernachtstraum von William Shakespeare, bearbeitet für Bläser

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 4268

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

ALS DER JUNGE BERLINER Felix Mendelssohn daran ging, seine Ouvertüre zum „Sommernachtstraum“ zu schreiben, bewegte er sich in einem von Shakespeare durchtränkten Milieu. Die Berliner Romantiker vergötterten den großen Engländer, den sie – im Gegensatz zu den Londonern – möglichst werktreu aufführten. Eduard Devrient, Mendelssohns Schauspielerfreund und Evangelist in seiner Aufführung von Bachs Matthäuspassion, stand als umjubelter Falstaff auf der Berliner Schauspielbühne und pflegte seine Rolle anschließend in Berliner Lokalen noch ein wenig weiterzuspielen. Shakespeare war in den Übersetzungen der deutschen Romantiker buchstäblich in aller Munde, zumal in jenen erlauchten Kreisen, die sich im Sommerhaus der Mendelssohns auf der Leipziger Straße 3 zu den berühmten „Sonntagsmusiken“ trafen.

Dort wurde 1826 auch die Ouvertüre zum „Sommernachtstraum“ aus der Taufe gehoben und sogleich als Meisterwerk des jungen Genies Mendelssohn gefeiert. „Mit dieser Ouvertüre schuf der siebzehnjährige Jüngling ein durchaus eigenartiges Werk, welches kein anderer als eben er hätte schaffen können,“ schrieb Carl Reinecke über das Stück. „Welche Kraft und welch klassisch-derber Humor neben dem duftigen Elfenzauber! Und wie schließen die vier Dreiklänge am Anfang und Ende das Ganze so einheitlich zusammen, dass es einem Kettenringe gleicht, in dem nicht ein einziges Glied fehlen dürfte. Und wie gering sind die Mittel, die der junge Meister anwandte! Außer der Ophikleide (heute Tuba), mit welcher „Zettel, der Weber‘ so drastisch gezeichnet ist, nur das kleine Mozartsche Orchester!“ Letzteres wird in unserer Fassung durch ein reines Bläserensemble ersetzt.

Mit der Ouvertüre hatte der junge Mendelssohn ein rasch sich verbreitendes Konzertwerk geschaffen – streng genommen eine sinfonische Ouvertüre „über“ den „Sommernachtstraum“, nicht eine solche „zu“ der Komödie. Mit den damals üblichen Schauspielmusiken hatte dies zunächst nichts zu tun. Erst Jahrzehnte später musste sich der mittlerweile in Leipzig lebende, berühmte Dirigent und Komponist mit diesem Genre beschäftigten, und zwar im Auftrag von König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. Dieser bestellte bei Mendelssohn eine ganze Serie von Schauspielmusiken, aufwendige Partituren aus Orchesterstücken, Vokalsoli und Chören zu klassischen Dramen, die im Schlosstheater des Neuen Palais in Potsdam aufgeführt wurden. Neben der „Antigone“ und dem „Oedipus“ von Sophokles und der „Athalia“ von Racine rückte dabei auch der „Sommernachtstraum“ von Shakespeare wieder ins Blickfeld des Komponisten. 1843, vier Jahre vor seinem Tod, holte der gereifte Mendelssohn seine jugendfrische Partitur wieder hervor, benutzte sie nun als Ouvertüre „zum“ „Sommernachtstraum“ und ergänzte sie um die notwendigen Teile einer Schauspielmusik. Das Ganze kam im Oktober 1843 im Neuen Palais zu Potsdam vor dem König und dem Hof zur Uraufführung.

Zur Schauspielmusik gehören neben der berühmtesten Nummer, dem Hochzeitsmarsch, und diversen Gesangsnummern auch die beiden Nachtstücke, die sich auf Pucks Zauber beziehen: das irrlichtene, verstört umher eilende Intermezzo und das wundervoll ruhige Notturno mit seinem Waldesklang aus Hörnern und Fagotten. Zu dieser Musik sinkendie Elfenkönigen Titania und an ihrer Seite der in einen Esel verwandelte Zettel in den Schlaf. Im Rüpeltanz konnte Mendelssohn das dritte Thema seiner Ouvertüre wieder aufgreifen, die er 17 Jahre zuvor geschaffen hatte.