Quartett h-Moll, op. 64,2
Werkverzeichnisnummer: 4239
1. Allegro spiritoso
2. Adagio ma non troppo
3. Menuetto. Allegretto – Trio
4. Presto
Joseph Haydn
Quartett h-Moll, op. 64,2
Als Haydn die Erstausgabe seines Opus 64 im Verlag “Magazin de Musique” herausbrachte, widmete er sie einem gewissen “Monsieur Jean Tost”. Es ist so gut wie sicher, dass er damit den Geiger Johann Tost meinte, den er aus Esterháza gut kannte und der ihm beim Verkauf seiner Quartette Opus 54 und 55 unter die Arme gegriffen hatte. Mit Agilität und Geschäftssinn führte sich Tost damals als emsiger Förderer der Kammermusik in Wien ein.
Im Kopfsatz von Opus 64,2 geht die erste Geige voran – vielleicht ein Hinweis auf den Widmungsträger, in jedem Fall aber eine Haydnsche Falle. Was man beim ersten Hören ohne Begleitung als ein Thema in D-Dur empfindet, steht in Wahrheit in h-Moll. Dies wird erst in der zweistimmigen Wiederholung, besonders aber im ruppigen Unisono deutlich, mit dem alle vier Instrumente das Thema aufgreifen. Da ihm keinerlei melodiöser Schwung eignet, es vielmehr eine barocke Gangart pflegt, wird es auch in barocken Sequenzen verarbeitet. Wichtiger als die Themen – vom banalen Seitenthema ganz zu schweigen – sind in diesem Satz die harmonischen und klanglichen Überraschungen: die Dur-Moll-Wechsel, die Chromatik und der rasche Wechsel zwischen gezupfter und gestrichener Saite.
Es folgt ein ruhiges schönes Adagio non troppo im Dreiertakt und in der gefährlichen Tonart H-Dur. Nicht nur ihretwegen empfahl Haydn dem zweiten Geiger in diesem Satz “eine gute und sichere Intonation”. Im dichten Klanggewebe ist es die zweite Geige, die den Gang der Harmonien lenkt. Darüber entfaltet sich der Primgeiger mit einem simplen Thema, das im ganzen Satz ständig variiert wiederholt wird. Die schlichte Melodie erinnert an einen Cantus firmus, aufgrund der gleich bleibenden Harmonien aber auch an eine Passacaglia. In der letzten Variation tritt zum Thema eine Sechzehntellinie der zweiten Geige hinzu, “die einzige größere Abwechslung in diesem klangschönen, bestens zur Meditation geeigneten Satz” (Georg Feder).
Der Gegensatz zwischen h-Moll und H-Dur prägt auch die folgenden beiden Sätze. Das Menuett im rustikalen Mollton beißt sich an Tonwiederholungen fest und weicht in der Mitte einem lyrischen H-Dur-Trio. Das Presto-Finale beginnt mit einem unlustigen Tanz in h-Moll, der ungarischen Bauermusik abgelauscht, der am Ende doch ganz elegant den Weg nach H-Dur findet. Das Seitenthema stellt den Primgeiger auf E- und G-Saite auf die Probe. Ein Haydnscher Witz beendet das Quartett: ein in die Luft steigender Ballon aus lauter Geigenterzen.