Sonate A-Dur (Transkription der Geigenstimme für Violoncello von Gavriel Lipkind)
Werkverzeichnisnummer: 4230
1. Allegretto moderato
2. Allegro
3. Recitativo – Fantasia. Moderato
4. Allegretto poco mosso
César Franck
Sonate A-Dur
César Franck, der aus Lüttich stammende Komponist und Organist der Pariser Kirche Sainte-Clotilde, hat eine ähnliche Karriere gemacht wie sein zwei Jahre jüngerer Zeitgenosse Anton Bruckner. Bis zum Ende des zweiten Kaiserreichs 1871 war er nur als Organist und Kirchenmusiker bekannt. Seine Schüler nannten ihn ehrfürchtig “Père Franck” und verehrten in ihm den Erneuerer der französischen Orgelschule – als Interpret an den prachtvollen Instrumenten von Cavaillé-Coll ebenso wie als Professor am Pariser Conservatoire. Dass er daneben auch sinfonische und chorische Werke geschrieben hatte, wurde erst deutlich, als 1871 seine Biblische Ekloge Ruth ihre verspätete Uraufführung erlebte. Von da an versagten die Franzosen dem Komponisten Franck ihre Anerkennung nicht mehr. 1873 erhielt er die französische Staatsbürgerschaft, 1885 wurde er in die Ehrenlegion aufgenommen, 1886 zum Präsidenten der Société Nationale de Musique gewählt.
Diese 1871 von Camille Saint-Saëns gegründete Gesellschaft hatte sich die Förderung der damals Neuen Musik Frankreichs, insbesondere der Kammermusik, auf ihre Fahnen geschrieben. Franck war ihr schon im Jahr der Gründung beigetreten und fand in ihr ein Forum für seine drei großen, in Form und Ausdruck zukunftweisenden Kammermusikwerke: das Klavierquintett f-Moll, das Streichquartett D-Dur und die Violinsonate A-Dur.
Die im Sommer 1886 komponierte Violinsonate folgt der Idee eines Motto-Themas, das sich zyklisch durch alle Sätze zieht – ebenso eng, aber weniger streng als in Francks Klavierquintett oder in der großen d-Moll-Sinfonie. Während sich in diesen Werken das Motto wie eine Art Idée fixe über alle Themen legt, kann man in den vier Sätzen der Violinsonate lediglich zarte Querverweise auf das Hauptthema des Kopfsatzes finden. Sie alle kreisen um das Motiv der fallenden Terzen, mit denen die Sonate anhebt. Nicht nur Marcel Proust war fasziniert von diesem “Gedanken, der sich aus Klangwellen erhebt”. Tatsächlich ist in dem Beginn des Allegretto ben moderato schon das ganze hochromantische Wesen der Sonate ausgeprägt: “in jenem weichen Nonakkord des Klaviers, aus dessen Stufen das Streichinstrument ein schönes, wiegendes Thema gewinnt. Eindrucksvoll ist dieses schwebende Klangbild… Der ganze Satz wirkt wie ein Vorspiel zu dem in leidenschaftlicher Bewegung sich entfaltenden zweiten Satz (Allegro d-moll).
Der dritte Satz der Sonate beginnt in träumerischer Versunkenheit mit einem ‘Recitativo’, das in eine lichte, gesanglich fließende ‘Fantasia’ von charakteristisch weichem, jedoch intensivem Ausdruck ausmündet. Dann folgt mit dem Finale der zweite bewegte Satz des Werks (Allegretto poco mosso), in hellem A-dur erstrahlend, frei von leidenschaftlichen Zügen, aber belebt von Rückerinnerungen an den zweiten Satz.” (A. Würz)
Franck hat diese Sonate keinem Geringeren als Eugène Ysaie gewidmet, der sie im Dezember 1886 in Brüssel uraufführte und auch die beiden umjubelten Pariser Aufführungen des Jahres 1887 spielte. In Ysaies Konzertprogrammen trat die Sonate dann rasch ihren Siegeszug um die Welt an. Sie fand allgemein Anerkennung als die bedeutendste französische Violinsonate des Fin de siècle.
Dies musste zahlreiche Cellisten animieren, das Werk auch für ihr Instrument zu arrangieren. Gavriel Lipkind hat sich seine Fassung der Geigenstimme selbst geschrieben – getreuer am Original als so manche frühere Version.