Italienische Serenade G-Dur (Fassung für Streichquartett)
Werkverzeichnisnummer: 4218
Molto vivo
Italienische Serenade
An Fastnacht 1866 begann die musikalische Laufbahn des sechsjährigen Hugo Wolf aus Windischgraz im slowenischen Süden der Steiermark auf kuriose Weise: Der kleine „Hugerl“ sollte zum Windischgrazer Maskenball aufspielen. Dafür hatte der musikbesessene Vater eigens ein Kostüm aus Graz kommen lassen, denn für die Laufbahn seines kleinen Musikgenies war ihm nichts zu teuer. Vater Wolf wäre selbst gerne Musiker geworden, statt das Lederkontor seiner Familie zu leiten. Also erzog er alle seine Kinder zur Musik und stellte mit ihnen ein kleines Orchester zusammen, in dem auch Hugo seine ersten Erfahrungen mit Serenadenmusik sammelte.
21 Jahre später komponierte er seine „Italienische Serenade“ für Streicher – eine Huldigung an seine unbeschwerten Jugendjahre, in denen er auf der Geige Potpourries aus italienischen Belcanto-Opern spielte und eine Donizetti-Oper am Klagenfurter Theater besuchte. Später in Wien wurde Hugo Wolf zum glühenden Wagnerianer, doch seine frühe Liebe zur italienischen Musik vergaß er nicht. Dies erklärt die Italienische Serenade.
Was dem Stück vorausging, war eine der großen Niederlagen seines Lebens. Am 15. Oktober 1886 musste der fassungslose Komponist miterleben, wie die Wiener Philharmoniker unter Hans Richter seine sinfonische Ouvertüre Penthesilea zunächst einem schlampigen Probedurchlauf unterzogen, dann auslachten und schließlich mit der Bemerkung beiseite legten, dass der Komponist solcher Musik nicht das Recht habe, „Meister Brahms“ als Musikkritiker in der Presse zu attackieren. Da es für Wolf die erste Chance gewesen war, eines seiner Orchesterwerke überhaupt zu hören, fiel seine Reaktion entsprechend heftig aus. Zu Beginn des folgenden Jahres zog er daraus zwei Konsequenzen: einen Neuanfang als Instrumentalkomponist und das Ende seiner Kritikerlaufbahn. Die Anfang 1887 komponierte Italienische Serenade war der erste Schritt zu diesem Neuanfang: Für Streichquartett komponierte er eine ironische Ständchenszene. Im April veröffentlichte er seine letzte Musikkritik im Wiener Salonblatt.
„Leichtfüßig und delikat“ nannte Frank Walker in seiner Wolf-Biographie die Serenade, die bis heute noch jedes Quartettpublikum in Verzücken versetzt, aber auch in der Bearbeitung für Streichorchester ganz unmittelbar „zündet“. Nach anfänglichem Stimmen überlassen sich die Spieler dem Perpetuum mobile eines scherzhaften Themas, das in immer neuen Varianten hervorsprudelt. Die Episoden der Rondoform vertiefen den Eindruck, dass es sich um quasi-szenische Musik handele. Im ersten Couplet scheint der Liebhaber sein Ständchen mit einer sentimentalen Note würzen zu wollen; im zweiten erklärt er sich in Form eines Cellorezitativs deutlicher, während die anderen Spieler sich einen gewissen Spott nicht verkneifen können. Dreimal bringt er sein Anliegen vor, dann zeigt ein neues Thema über bewusst monotoner Begleitung, dass sein Gesang nicht vom erhofften Erfolg gekrönt war. In wieder auflebender Tanzlaune zieht das kleine Ensemble von dannen – vor das Fenster der nächsten, widerspenstigen Schönen.
Mit seiner köstlichen Serenaden-Szene für vier Streicher hat Hugo Wolf der Quartettliteratur ein echtes „Schmankerl“ beschert, dessen heitere Gelöstheit in diametralem Gegensatz zum Ernst eines Johannes Brahms steht. Dass sich der junge Mann aus der steirischen Provinz als Kritiker des Wiener Salonblatts wiederholt am geheiligten Brahms verging, bekam seiner Wiener Karriere schlecht und führte zu seinem Scheitern als Sinfoniker. Danach wagte er sich mit der Serenade auf ein neues Terrain. Drei Maitage des Jahres 1887 genügten ihm, um die delikate Ständchenszene zu entwerfen, die von Eichendorffs Leben eines Taugenichts inspiriert wurde. Erst später hat er sie für kleines Orchester arrangiert.
Nach anfänglichem Stimmen überlassen sich die Spieler dem Perpetuum mobile eines scherzhaften Themas, das in immer neuen Varianten hervorsprudelt. Die Episoden des Rondos vertiefen noch den Eindruck einer Komödienszene. Im ersten Couplet scheint der Liebhaber das Ständchen unter dem Fenster seiner Angebeteten mit einer sentimentalen Note würzen zu wollen; im zweiten erklärt er sich in Form eines Cellorezitativs deutlicher, während die drei übrigen Streicher sich leisen Spott nicht verkneifen können. Dreimal bringt er sein Anliegen vor, dann zeigt ein neues Thema über bewusst monotoner Begleitung, dass sein Gesang nicht von Erfolg gekrönt war. Unverhofft, doch guter Dinge zieht das kleine Ensemble wieder von dannen.
Einzigartig an Wolfs „Methode“ war die gleichsam erschöpfende Abhandlung jeweils eines einzigen Dichters. Auf Eduard Mörike zu Beginn folgte im Sommer 1888 Eichendorff und schließlich im Herbst und Winter Goethe. Zwischen 27. Oktober 1888 und 12. Februar 1889 vertonte er nicht weniger als 50 Goethe-Gedichte. Zusammen mit einem Nachzügler vom folgenden Oktober wurden sie 1890 in Wien im Druck veröffentlicht – auch dank der Unterstützunbg einer amerikanischen Mäzenin, die Wolf in Bayreuth kennengelernt hatte.
Alle unsere sechs Goethelieder entstammen diesem 1890 publizierten Band. Es sind die Nummern 24-28 in Folge sowie die Nr. 9, Kennst du das Land, die einem eigenen Wilhelm Meister-Zyklus innerhalb des Bandes angehört.
Was Wolfs Lieder nach Wilhelm Meister anbelangt, so sind sie aus dem Gefühl heraus entstanden, daß weder Schubert noch Schumann mit ihren Vertonungen den Gesängen aus Goethes Roman gerecht geworden seien. Wolf wollte nach eigenem Bekenntnis nicht nur den Text vertonen, sondern auch den Charakter der Personen, die sie im Roman singen. „Es war sein erklärtes Ziel“, so schrieb Frank Walker in seiner Wolf-Biographie, „das pathologische Element in dem pathetischen heimatlosen Kind Mignon herausbringen.“