"L'Heure du Berger" (Das Schäferstündchen) | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Jean Françaix

"L'Heure du Berger" (Das Schäferstündchen)

„L’Heure du Berger“ (Das Schäferstündchen) für Bläserquintett und Klavier

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 4197

Satzbezeichnungen

1. Moderato: Les Vieux Beaux (Die alten Schönlinge)

2. Pin-Up Girls

3. Allegro assai: Les petits nerveux (Die kleinen Nervösen)

Erläuterungen

2003
JEAN FRANÇAIX: L’Heure du Berger

Lassen Sie uns nach dem Besuch im Conservatoire ein wenig verweilen – natürlich in einer Brasserie. Wenn wir Glück haben, wird uns dort ein Stück Pariser Hintergrundmusik kredenzt, und es könnte sein, dass sie von Jean Françaix stammt, der sein Sextett L’Heure du berger exakt zu diesem Zweck geschrieben hat.
Musique de Brasserie lautete der ursprüngliche Titel des 10-Minuten-Stücks, das eben einem solchen Lokal als Background-Musik diente. Françaix hat darin die Kundschaft mit Ironie geschildert, was der endgültige Titel Schäferstündchen genauer andeutet. Wir schreiben das Jahr 1947. Paris atmet auf und sonnt sich im Glanz eines neuen „Savoir vivre“. In der Brasserie buhlen alte, erfahrene Schönlinge und junge, nervöse Typen um die Gunst der Pin-Up-Girls, die der amerikanische Kultureinfluss nach dem Krieg an die Oberfläche der Pariser Avenues gespült hat. Drei Sätze, drei Typen von Menschen, die es auf ein Schäferstündchen abgesehen haben.

In der gleichen ironisch-distanzierten Weise wie die Brasserie-Kunden schilderte Françaix auch seine eigene Herkunft und seine Ausbildung in Paris: „Die Tatsache, dass ich in Le Mans, der Stadt des 24-Stunden-Rennens, geboren wurde, dürfte den übersättigten Leser wohl kaum interessieren – allerhöchstens, dass Le Mans von einer prächtigen Kathedrale überragt wird, die mir als Anregung zu einem ‚fantastischen‘ Oratorium, der Apocalypse selon St. Jean, gedient hat… Mein einziger ‚Leistungsnachweis‘ ist ein erster Preis bei einem Klavierwettbewerb am Pariser Konservatorium – was ja nicht gerade viel ist. Verschiedene Orden zieren meine Brust, doch ist auch dies in Frankreich nichts Außergewöhnliches. Meine Lehrerin, Nadia Boulanger, hat sich stets vergeblich bemüht, mir Harmonie und Kontrapunkt oder gar das Schreiben von Fugen beizubringen. Um aber ihren Ruf zu wahren, pflegte sie zu sagen, ich würde dies alles instinktiv beherrschen..“.