Frosch-Parthia | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Leopold Mozart

Frosch-Parthia

Parthia di rane in C a Violino, Violoncello e Basso

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 4191

Satzbezeichnungen

1, Moderato

2. Pastorella. Larghetto à mezza voce

3. Vivace

4. Polonaise

Erläuterungen

Im Mozartjahr 2006 steht Leopold Mozart weniger im Schatten seines Sohnes als sonst. Was wäre Mozarts Jugend ohne die vom Vater strategisch geplanten, kühnen Expeditionen durch halb Europa? Was wäre die Entwicklung des Genies ohne den Spiegel, den ihm sein Mentor vorhielt? Was wären Wolfgangs musikalische Urteile ohne die Rückversicherung im unerschütterlichen Musikgeschmack Leopolds?

All diese Fragen zielen auf den Mentor und Manager des großen Sohnes, weniger auf Leopolds eigene Persönlichkeit und noch weniger auf seine eigene Musik. Die ließ er schon zu Lebzeiten hinter der Karriere des Sohnes völlig zurücktreten, und so ist es bis heute geblieben. Dabei hatte der Geiger und Komponist Leopold Mozart bis zur Geburt Wolfgangs selbst eine beachtliche musikalische Karriere absolviert.

Als Knabensopran im jesuitischen Schultheater des heimatlischen Augsburg sammelte Leopold Mozart seine ersten musikalischen Erfahrungen. Später bildete er sich zum hervorragenden Geiger heran, was ihm den Posten am Salzburger Hof und seine schöne Frau bescherte. An der Salzach entdeckte er auch seine pädagogische Ader. Seine „Violinschule“ brachte er just in den Monaten zum Druck, als seine Frau mit dem kleinen Wolfgang schwanger war. Dem Theatralischen blieb Leopold zeitlebens verhaftet: Musikstücke wie die „Bauernhochzeit“ oder die „Musikalische Schlittenfahrt“ zeugen von seiner Vorliebe für die Genremalerei, deren Spuren sich auch in der „Frosch-Parthia“ finden. Daraus spricht nicht nur Leopolds eigenes Interesse an den alltäglichen Vergnügungen, sondern auch der pittoreske Zeitgeist des Rokoko. Neben solch launiger Kammermusik komponierte er jedoch auch schöne Sinfonien und bedeutende Kichenmusik, sowohl für den Salzburger Hof als auch für die zahlreichen Klöster der Umgebung.

Schillernd war das Widerspiel zwischen kirchlicher Erziehung und Aufklärung bei Leopold Mozart, grenzenlos sein Vertrauen in die Maxime, dass Reisen den Menschen bilde. Lebendige Anschauung, Studium des höfischen Lebens, Anpassung an den örtlichen Geschmack – all dies war ihm auf der großen Europareise mit Frau und Kindern ein Lebenselixier. Die Bildung seines Sohnes, dessen Genie er als Geschenk Gottes und als persönlichen Auftrag an ihn betrachtete, wurde für ihn zum „Experiment Genie“. Er war Erzieher und Mentor seines Sohnes und dessen erster Marketingberater.

Nur beißenden Spott hatte Leopold Mozart dagegen für die engstirnige Bürgerlichkeit seiner Vaterstadt übrig: „Der Stadtpfleger in Augspurg ist ihr regierender Schellenkönig und so sind alle diese so genannten vornehmen Herren in den Reichsstädten. Die Bettelei des Patriziats ist in aller Welt bekannt, und jeder ehrliche Weltmann lacht darüber.“ Leopold Mozart als „ehrlicher Weltmann“ – so der Kern seines Selbstverständnisses.

Sein musikalisches Stilideal umriss er mit dem Wort vom „wahren rührenden Geschmack“. Was er damit meinte – ein von gesanglicher Melodie und „rührenden“ Wendungen geprägter vorklassischer Stil – machen die beiden Streicherwerke unseres Programms deutlich.

Frosch-Parthia

Im Benediktinerstift Lambach an der Traun, das heuer seinen 950. Geburtstag feiert, befindet sich die Handschrift der sogenannten „Frosch-Parthia“ von Leopold Mozart. Die Mozarts machten auf ihren Reisen nach Wien gerne im Stift Station, denn in dem kunstsinnigen Abt Amand Schickmayr fand Leopold einen Freund und Wolfgang einen Bewunderer. Im Werkkatalog der beiden schlägt sich dies in je einer „Lambacher Sinfonie“ nieder, außerdem in so mancher Kammermusik. Leopolds launige „Parthia di rane“, so der italienische Originaltitel, ist mit Geige, obligatem Cello und Kontrabass besetzt. Man kann sich gut vorstellen, wie Leopold die Geige in die Hand nahm, der Abt das Cello und ein Klosterbruder sich auf dem Kontrabass dazu gesellte. Gelacht wurde bei dieser Aufführung sicher herzlich, denn Leopold hat in die vier Sätze dieses kleinen Divertimento so manche heitere Szene eingebaut.

Der erste Satz gibt sich noch ganz seriös in seinen Vorhaltswendungen, ganz modisch kantabel im Synkopenthema und den lombardischen Rhythmen – ein idealer Triosonatensatz der Zeit um 1760. Dem Titel des Werkes zollte Leopold erst in der folgenden „Pastorella“ seinen Tribut. Das pastorale Idyll der weichen G-Dur-Dezimen wird von quakenden Tritonus-Klängen gestört, die laut und bläkend ins zarte Pianissimo hineintönen. Gut kann man sich den Klosterbruder vorstellen, der sich am Teich zu einem Mittagsschlaf gebettet hat, um vom Gequake der Frösche gleich wieder geweckt und in seiner Nächstenruhe gestört zu werden. Virtuose Triolen des Cellos eröffnen den dritten Satz, eine quirlige Giga. Vielleicht hatte Leopold hier das hundertstimmige Froschkonzert im Sinn, das sich nach dem ersten Quaken erhebt. Für das Finale wählte er einen Modetanz aus: die damals in ganz Europa beliebte Polonaise. Augenzwinkernd verlieh er ihr einen bäuerlich-derben Anstrich – durch die starken Betonungen auf der Eins, die eingesprengten Unisoni und die „slawischen“ Nebennoten.