Notturno und Capriccio für Oboe und Streichquartett (1926)
Werkverzeichnisnummer: 4185
Notturno: Andante, rubato
Capriccio: Vivace, Vivace
Jeder Schallplattenfreund und Haydn-Liebhaber kennt den Namen Antal Dórati: Am Pult der von ihm geleiteten „Philharmonia Hungarica“ spielte der Dirigent als erster sämtliche Sinfonien und acht Opern von Joseph Haydn für die Schallplatte ein – für die damalige Zeit ein doppeltes Abenteuer. Es waren nur zwei Aufnahmeserien unter mehr als 600 Einspielungen, die dem Dirigenten Dórati im Laufe seines Lebens 31 Mal den „Grand Prix du Disque“ und unzählige andere Auszeichnungen eintrugen. Vor allem am Pult amerikanischer Orchester – Detroit, Minneapolis, Dallas – sorgte der geborene Ungar, seit 1947 amerikanischer Staatsbürger, für Furore.
Angesichts seines Nachruhms als Dirigent ist der Komponist Antal Dórati in Vergessenheit geraten. In Budapest geboren und ausgebildet, konnte er dort mit 18 Jahren sein Debüt feiern – als jüngster Dirigent in der Geschichte der Budapester Oper. Dass er daneben auch Komposition bei Zoltán Kodály studierte, blieb schon bald hinter der Dirigentenkarriere zurück und verborgen. Während ihn Fritz Busch als Assistenten nach Dresden rief, während er Musikdirektor der „Ballets Russes“ in Monte Carlo und des „American Ballet Theatre“ in New York war, schrieb er unablässig Kompositionen. Gelegentlich ließ er sie von den Orchestern in Amerika und England, die er leitete, aufführen: vom National Symphony Orchestra in Washington bis hin zum BBC Orchestra.
Ehrungen aus aller Herren Länder begleiteten den Lebensweg des Dirigenten Dórati, nicht den des Komponisten: Ehrenpräsident der Philharmonia Hungarica, vierfacher Ehrendoktor, Mitglied der Schwedischen Akademie der Wissenschaften, Träger des Wasa-Ordens, das österreichischen Ehrenkreuzes „Artibus et Litteris“ und des französischen Ordens „des Arts et des Lettres. 1983 schlug ihn Königin Elisabeth II. zum „Knight of the British Empire“. 1988 ist Antal Dórati in seinem Schweizer Wohnort Gerzensee verstorben – hoch geehrt, doch als Komponist nur den Kennern bekannt.
Aus Dorátis frühen Budapester Jahren stammt das mit knapp Zwanzig komponierte Oboenquintett. Ursprünglich hatte er ein viersätziges Quintett für Oboe und Streichquartett entworfen, das er jedoch 1926 auf die zweisätzige Form eines „Notturno und Capriccio“ komprimierte. Im ersten Satz entfaltet die Oboe das typische „Rubato“ freier Einleitungen der ungarischen Bauernmusik, eingebettet in einen nächtlich schillernden Streicherklang. Im zweiten Satz herrscht kapriziöse Rhythmik und verspielte Virtuosität.