Fantasia g-Moll | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Fanny Hensel

Fantasia g-Moll

Fantasia g-Moll für Violoncello und Klavier

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 4184

Satzbezeichnungen

Andante doloroso – Prestissimo -
Poco più lento – Tempo del Andante -
Allegro molto moderato

Erläuterungen

Neben Felix hatte Fanny Mendelssohn noch einen zweiten musikalischen Bruder: den Cellisten Paul Mendelssohn. Als Bankier dazu bestimmt, in die Fußstapfen des Vaters zu treten, blieb ihm für die Musik nur nach Geschäftsschluss Zeit. Dafür durfte er sich an einem besonders schönen Stradivari-Cello erfreuen, mit dem er gelegentlich sogar bei den „Sonntagsmusiken“ auftrat. Auch das Feld der Komposition überließ er den älteren Geschwistern, wobei für ihn freilich das ein oder andere Stück abfiel. Felix schrieb für Paul die Variations concertantes, op. 17, Fanny zwei Cellostücke mit Klavier.

Pauls Leidenschaft war eigentlich das Quartettspiel, doch musste er spätestens während seiner Lehrzeit in London 1831 feststellen, dass nicht jede europäische Metropole über das kammermusikalische Niveau Berlins verfügte. An der Themse ein Streichquartett zusammenzubringen, sei „fast unmöglich“, meldete er enttäuscht nachhause. Er musste sich auf das Duospiel mit dem Botschaftsattaché Karl Klingemann beschränken, dem engen Londoner Freund seines Bruders Felix. Für dieses Duo schrieb Fanny damals ihr Capriccio As-Dur, nachdem sie dem Bruder bereits vor 1829 die Fantasie g-Moll gewidmet hatte.

Beide Cellostücke – die ältere Fantasia und das etwas jüngere Capriccio – zeugen von der eigenwilligen Expressivität in Fannys Werken, von ihrem Hang zu formal ungebundener Schreibweise und ihrer Liebe zu Beethoven. Die Fantasia in g-Moll beginnt mit einem Andante doloroso, das im Klavier unverhohlen den langsamen Satz aus dem ersten Rasumowsky-Quartett zitiert. Das ausdrucksstarke Klavierthema, das sich aus diesem Zitat entwickelt, ist con intimo sentimento zu spielen. Es wird vom Cello aufgegriffen und von beiden Partnern beständig gesteigert, bis es in ein strahlend-optimistisches Prestissimo in G-Dur umschlägt. Der virtuose Zug dieses Abschnitts wird von einem instrumentalen Rezitativ des Cellos gebremst, das in eine Art Arioso mündet. Ein kurzes Zitat aus dem Andante doloroso leitet in ein zweites Allegro über, dieses Mal molto moderato. Es klingt im Cello mit „flüsternden“ Sechzehnteln (mormorando) und leisem Pizzicato aus.