Violinkonzert D-Dur, KV 218 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Violinkonzert D-Dur, KV 218

Violinkonzert D-Dur, KV 218

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 4133

Satzbezeichnungen

1. Allegro

2. Andante cantabile

3. Rondeau. Andante grazioso – Allegro ma non troppo

Erläuterungen

2005
Antonio Vivaldi
Die vier Jahreszeiten, op. 8, 1-4

Um 1720 schuf Vivaldi mit seinen Vier Jahreszeiten den erfolgreichsten Konzert-Zyklus aller Zeiten, Stücke, die schon zu seiner Zeit in ganz Europa Verbreitung fanden und zu Lieblingsstücken vieler Hörer avancierten – vom französischen König Ludwig XV. bis hin zum Philosophen Jean-Jacques Rousseau. „Wem sind nicht auch die vier Jahreszeiten eines Vivaldi bekannt?“ stöhnte schon 1737 der deutsche Musikkritiker Johann Adolf Scheibe. Und schon lange bevor moderne Interpreten die Stücke für jedes erdenkliche Instrument bearbeiteten, häuften sich die Arrangements. Ein schlesischer Organist benutzte die Jahreszeiten im Gambenunterricht (!), Rousseau schrieb sie für Flöte solo um, der rührige Pariser Komponist Michel Corrette erweiterte sie gar zu Psalmvertonungen für Chor und Orchester.

Unter dem italienischen Originaltitel Le Quattro Stagioni bilden sie die ersten vier Nummern von Vivaldis Opus 8, das 1725 in Amsterdam im Druck erschien. Der Komponist gab dieser Sammlung von zehn Violin- und zwei Oboenkonzerten den Titel Der Wettstreit zwischen Harmonie und Erfindung (Il cimento dell’armonia e dell’invenzione). Er spielte damit auf zwei Eigenschaften an, ohne die kein Komponist auskommt: die melodische Erfindungsgabe (ital. Invenzione) und die Kenntnis der Satztechnik (ital. Armonia im Sinne von Kontrapunkt und Harmonielehre). Beide, so suggeriert der Titel, streiten in diesen Konzerten um den Vorrang.

Die Jahreszeiten-Konzerte stehen eindeutig auf der Seite der Invenzione: Erfindungsreicher hat kein Komponist die typische Szenerie jeder Jahreszeit in Tönen eingefangen: von der Klangkulisse der Natur, den Vogelstimmen und dem Donner, über die jahreszeitlichen Vergnügungen (Weinfeste, Eislaufen etc.) bis hin zu den extremen Temperaturen des Sommers und Winters, deren Wirkung auf den Menschen Vivaldi in drastischen Tönen schilderte. Nicht nur den Italienern, sondern auch den Franzosen gefiel diese Nachahmung der Natur in all ihren Erscheinungen, während die Deutschen wieder einmal die Nase rümpften und fragten, ob denn diese Tonmalereien auch ohne die hinzugefügten Gedichte und Texte verständlich wären.

Dieser Skeptiker ungeachtet haben die vier Konzerte bis heute Millionen von Hörerinnen und Hörern die Atmosphäre der Jahreszeiten mit einem nie versagenden Zauber nahe gebracht. Das Geheimnis ihres bis heute anhaltenden Erfolgs liegt in einer wundervollen, so nie mehr erreichten Balance begründet: einer Balance zwischen prickelndem Einfall im Detail und harmonisch abgerundeter Schönheit im Ganzen, zwischen der Solo-Violine als dem Helden der Geschichte und dem Streichorchester, das gewissermaßen den Rahmen und den Hintergrund jedes „Tongemäldes“ entwirft.

In der Tat hat man es mit zwölf Tongemälden zu tun, die gleichmäßig, also in vier Dreiergruppen auf die vier Jahreszeiten verteilt sind. Vivaldi hat hier die von ihm selbst erfundene dreisätzige Konzertform auf geniale Weise für seine tonmalerischen Absichten genutzt. Zwei schnelle Sätze rahmen in seinen Violinkonzerten stets einen langsamen Satz. Die Ecksätze der Quattro Stagioni zeichnen große, von Aktivität bestimmte Bilder jeder Jahreszeit. Im Kopfsatz des ersten Konzerts etwa sind es die Vögel als Vorboten des Frühlings und die sprudelnden Quellen, im Herbst-Konzert singende Bauern und ein Betrunkener auf einem Weinfest – eine Szenerie, die man hierzulande kaum erklären muss. Als kaum aktuell und schmerzlich vermisst mag man augenblicklich den Kopfsatz des Sommers empfinden: „Mattigkeit infolge der Hitze“ wollte Vivaldi hier schildern, also den vergeblichen Versuch von Mensch und Tier, sich unter der drückenden Schwüle zu Aktivität aufzuraffen. Erst ein gewaltiges Gewitter fegt im Finale die Hitze mit brutaler Gewalt hinweg – letztere Szenerie wäre uns in diesem Sommer eher vertraut.

Zwischen diese großformatigen Darstellungen jahreszeitlicher Aktivitäten hat Vivaldi in den Mittelsätzen intime Miniaturen von Schlafenden eingeschoben. Man könnte von Studien des Schlafs unter den unterschiedlichen Bedingungen der Jahreszeiten sprechen. Ruhig ruht es sich im Frühling unter sanft säuselnden Blättern, im Sommer dagegen lassen uns die drückende Hitze, die Stechmücken und das ferne Grollen des Gewitters kaum Schlaf finden. Der Schlaf der Betrunkenen im Herbst ist schwer und dumpf. Erst im Winter fühlt man sich in der warmen Stube wieder pudelwohl, wenn draußen der Regen an die Scheiben plätschert.

Jedes dieser Details hat Vivaldi minutiös in den Noten vermerkt; wir kommen darauf zurück. Das eigentliche Geheimnis der Vier Jahreszeiten liegt jedoch darin, dass man über die Fülle dieser Einzelereignisse auch getrost hinweghören kann und dennoch den Zauber jeder Jahreszeit spüren wird. Unwillkürlich lässt man sich vom Charme der melodischen Einfälle, von der Virtuosität der Sologeige und vom Wohlklang des Streichorchesters in die jeweilige Jahreszeit entführen, auch wenn man nicht um all die feinen Kleinigkeiten weiß, die der Meister über sein Gemälde ausgestreut hat.

Auch in diesem Bereich, der für musikalische Stimmungen so wichtigen Klang-„Farbe“, war Vivaldi ein genialer Maler in Tönen. Mit echt venezianischen Farbverständnis wählte er für jede Jahreszeit die rechte Grundfarbe, sprich: Tonart. Das helle, lichte E-Dur entspricht dem Frühling, der Jahreszeit des ersten lichten Grüns, und bringt die Violinen besonders strahlend und virtuos zur Geltung. G-Moll ist für den Sommer mit seiner drückenden Hitze und den schweren Gewittern auch deshalb eine ideale Tonart, weil man hier die tiefste Geigensaite, die leere G-Saite, für die Nachahmung des Donners weidlich ausnutzen kann. Für den Herbst mit seinen Weinfesten und seinen Jagden wählte Vivaldi F-Dur, die Tonart der Jagdhörner und der dörflichen Tanzmusik. Der Winter schließlich kommt im frostigen Gewand von f-Moll daher, einer Tonart, die die Dissonanzen gewissermaßen von selbst anzieht.