Trio über irländische Volkslieder | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Frank Martin

Trio über irländische Volkslieder

Trio über irländische Volkslieder

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3989

Satzbezeichnungen

1. Allegro moderato

2. Adagio

3. Gigue

Erläuterungen

2000
FRANK MARTIN Trio über irländische Volkslieder
Frank Martin, der bedeutendste schweizerische Komponist der Generation Hindemiths, hat wie sein deutscher Kollege Volkslieder in seine Kammermusik miteinbezogen. Ein durchweg folkloristisch gefärbtes Werk ist das Trio über irländische Volkslieder von 1925. Irische Folklore bildet das ausschließliche Material dieses dreisätzigen Stückes, das die Traditionslinie von Dvoráks Dumky-Trio fortsetzt. Wie in diesem spätromantischen Werk über tschechische Volkstänze hat auch Martin in seinem Trio auf jede kunstvoll-kontrapunktische Ausarbeitung der Themen verzichtet und Volkslied an Volkslied gereiht, in klanglich-harmonischer, vor allem aber rhythmischer Verarbeitung.
Die Vielfalt der Rhythmen war es, die Martin an den „irish Tunes“ reizte. Er experimentierte Anfang der 20er Jahre mit Émile Jaques-Dalcroze in dessen Institut rhythmique mit neuen Rhythmen, was ihn zu dem Orchesterzyklus Rythmes inspirierte. Zeitgleich mit diesem Triptychon entstand das Klaviertrio mit seinen zum Teil komplexen rhythmischen Kombinationen. Eine weitere Tendenz der 20er Jahre, der Hang zu neobarocken Formen, schlägt sich im Finale nieder, das an einen barocken Tanz, die Gigue, angelehnt ist.
1. Allegro moderato: Das von den Streichern in Oktaven vorgestellte erste Volkslied, in d-dorisch und im Dreiertakt, wird vom Klavier „très légèrement“ (sehr leicht) in Synkopen begleitet. Im weiteren Verlauf wechselt es mit drei weiteren Volksmelodien ab: einer schnellen Cellomelodie im geraden Takt, einem Violinthema im Dreiertakt und einem stark synkopischen Cellothema. Die Begleitung aller vier Themen wird zunehmend komplizierter und aggressiver, bis hin zu hämmernden Synkopen-Folgen. Die Harmonik deutet die Modi (Kirchentonarten), in denen die vier irischen „Tunes“ stehen, auf subtile Weise um.
2. Adagio: Ein Cellosolo, „breit gesungen, aber streng im Rhythmus“, eröffnet den langsamen Satz. Die elegische Melodie in h-Moll und C-Takt wird mit einem lebhaften Klavierkontrapunkt im 6/8-Takt verbunden, woraus reizvolle Kontrastrhythmen entstehen. Ständige Taktwechsel bis hin zum unregelmäßigen 5/8 und die allmähliche Beschleunigung des Tempos steigern die Bewegung bis zu einem Höhepunkt, nach dem die ersten beiden Themen variiert wiederkehren.
3. Gigue: Das Finale als Gigue zu schreiben, lag deshalb nahe, weil diese barocke Tanzform ursprünglich Gig hieß und aus Schottland bzw. Irland stammte. Noch mancher Hörer heute wird bei irischer Folklore zuerst an muntere Melodien im Rhythmus der Gigue denken – nicht zuletzt dank ihrer Verwendung in TV-Werbespots. Martin kombinierte eine ganze Reihe solcher Themen, um den Reiz wechselnder Metren auszukosten. Der 6/8-, 9/8-, 12/8- und 15/8-Takt, also Zweier-, Dreier-, Vierer- und Fünfermetrum, wechseln einander in rascher Folge ab, jeweils in triolischer und duolischer Auflösung. Im Höreindruck entsteht daraus ein mitreißend schwungvolles Finale, das in äolischem e-Moll beginnt und, wie der erste Satz, in G endet.