Quartett | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Peter von Winter

Quartett

Quartett für Klarinette und Streichtrio Es-Dur, op. 19,3

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3963

Satzbezeichnungen

1. Allegro

2. Adagio

3. Polonaise

Erläuterungen

1999
PETER VON WINTER
Klarinettenquartett Es-Dur

Es könnte gefährlich scheinen, dem Klarinettenquartett eines Mannheimers das eines anderen unmittelbar folgen zu lassen, doch ist der stilistische Schritt von der zweiten Generation der Mannheimer, die Carl Stamitz verkörpert, zu einem Musiker wie Peter Winter groß genug, um das Tor zu einer neuen Epoche aufzustoßen.

Die Karriere des Mannheimers Winter, der schon mit 10 Jahren im Hoforchester spielte, begann eigentlich mit dem Umzug des Hofes nach München. Carl Theodor mußte bekanntlich 1778 die Erbfolge seines verstorbenen Münchner Cousins Max III. Joseph von Bayern antreten, was zur Vereinigung der beiden Kurstaaten und ihrer Hofkapellen führte, freilich in der bayerischen Hauptstadt. Fast alle bedeutenden Hofmusiker folgten dem Kurfürsten und spielten ab August 1778 in der vereinigten “pfalz-bayerischen” Hofkapelle, was für die Mannheimer Musikszene einen Aderlaß sondergleichen, für München den entscheidenden Impuls über die bevorstehende Jahrhundertwende hinweg bedeutete.

Es waren junge Musiker im Gefolge Carl Theodors wie Abbé Vogler oder eben Peter Winter, die in München neue Formen und einen neuen Geist etablierten. Winter etwa reüssierte zuerst als Komponist von modischen Ballettpantomimen und Melodramen, bevor er in Amt und Würden eines Vizekapellmeisters (1787) und Hofkapellmeisters (1798) Messen, Oratorien und deutsche Opern schrieb. Wenn Anfang des 19. Jahrhunderts sich ein Carl Maria von Weber in München ansiedelte, so zehrte er auch von den Früchten der Arbeit eines Peter von Winter.

Die Nähe zu Weber ist Winters Klarinettenquartett anzuhören und doch auch wiederum die Verbundenheit mit den Mannheimern und der Wiener Klassik. In Begleitung des Klarinettisten Franz Tausch hatte Winter 1780/81 die Wiener Musikszene kennen- und den Belcanto-Stil eines Salieri schätzengelernt. “Wiener Klassik” vermeint man im Kopfsatz seines Quartetts zu hören, angereichert mit Ausflügen in entfernte harmonische Regionen. Man ist versucht, von “Frühromantik” zu sprechen; Dur-Moll-Wechsel waren jedoch auch eine “Mannheimer Manier”.

Nach dem hier ebenfalls kurzen, intermezzohaften Adagio folgt wiederum attacca das Finale. Es fröhnt einer Modeform des frühen 19. Jahrhunderts, der “Polonaise brillante”, deren Rhythmus allerdings schon in den Pariser Klarinettenquartetten von Carl Stamitz begegnet. So überlagern sich auch bei Winter, unter den Vorzeichen eines neuen Jahrhunderts, Mannheimer Traditionen und Einflüsse von außen.