Quartett für Klarinette und Streichtrio Es-Dur, op. 19,3
Werkverzeichnisnummer: 3962
1. Allegro
2. Andante poco moderato
3. Allegretto
Obwohl er kein Klarinettist war, sondern Bratscher (die Bratschisten wissen davon ein Lied zu singen), verdankt Carl Stamitz seinen heute immer noch beachtlichen Nachruhm nicht unwesentlich der Klarinette. Eine bedeutende lebende Klarinettistin hat seine Klarinettenkonzerte flächendeckend eingespielt, und auch die zahlreichen Klarinettenquartette aus Carls Feder sind in modernen Ausgaben und teilweise auch Aufnahmen leicht zugänglich. Aber auch sein G-Dur-Flötenkonzert und das notorische Bratschenkonzert erfreuen sich einer sonst für die „Mannheimer“ eher ungewöhnlichen Popularität.
Zu verdanken hat Carl Stamitz diese Sonderstellung seinem überaus gefälligen Stil, der von melodischer Begabung zeugt, soliden Satz mit hochklassischen Formen verbindet und als eine Art unangestrengte Antwort auf Mozart verstanden werden kann. Mitverantwortlich für Carls Ruhm ist aber natürlich auch der klingende Name seines Vaters Johann (1717-1757), der zum Inbegriff des „Mannheimer Stils“ wurde.
Der Sohn war„von Anfang an dabei“, lernte das Mannheimerische in Komposition und Ausführung von der Pike auf und wurde erwartungsgemäß, wie es Eugene Wolf formulierte, „ein führendes Mitglied der zweiten Generation der Mannheimer Orchesterkomponisten“. Begründet hat er diesen Ruf nicht mehr in seiner Heimatstadt, sondern in Paris, London und den Haag, wo er sich jeweils für einige Jahre mit anhaltendem Erfolg aufhielt. Freilich tauschte er das Verlags- und Konzertgeschäft dieser Metropolen immer wieder gegen das unstete Wanderleben eines reisenden Virtuosen auf Viola und Viola d’amore ein, was letztlich, ab ca. 1792 zum Niedergang seines Ruhms führte. Er starb, von den Zeitläuften überholt und in wenig einträglicher Stellung, 1801 in Jena.
Seine Glanzzeit blieben im Rückblick die Pariser Jahre 1770-77, in denen er seine Stellung soweit konsolidieren konnte, daß ihn sogar Mozart als unliebsame Konkurrenz empfand. Dieser bezeichnete Stamitz in einem Brief aus Paris 1778 zwar als „elenden Notenschmierer“, doch kann man dies getrost ins Kapitel der Mozartschen „Hate Mail“ gegen erfolgreichere Kollegen verweisen.
Carls 1779 in Paris gedrucktes Klarinettenquartett Es-Dur, op. 19,3, zeigt, daß er bei aller Gefälligkeit, durchaus auf der Höhe der Zeit komponierte. Der erste Satz ist der Tradition des „singenden Allegros“ verpflichtet. Ausdrucksvolle „Apoggiaturen“ – aus dem Ariengesang abgeleitete Vorhalte mit Zweierbindung – durchziehen Haupt- und Seitenthema mit einer Konsequenz, wie man sie auch in den „Quatuors concertants“ älterer Mannheimer Kollegen, etwa in den Fagottquartetten von Ritter, beobachten kann. Ebenso fand die Mannheimer Neigung zum ausdrucksvollen Adagio im Dreiertakt (besonders in Balletten und Sinfonien) in dem Quartett ihren Widerhall. Der Mittelsatz ist ein langsames Andante in c-Moll, in dem die Klarinette die ausdrucksvolle Melodie durch Piano-Forte-Wechsel noch sprechender macht.
Ähnlich wie in Mozarts Mannheimer Flötenquartett D-Dur folgt auf den offenen Schluß dieses Mollsatzes attacca das muntere Rondothema, das hier fast noch den Charakter eines barocken „Rigaudon“ hat. Das Thema wechselt in einfacher Rondoform mit mehreren virtuosen Episoden und einem Mollteil (Mineur) ab.