Trio a-Moll, op. 114 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Johannes Brahms

Trio a-Moll, op. 114

Trio a-Moll für Klarinette, Violoncello und Klavier op. 114

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 391

Satzbezeichnungen

1. Allegro

2. Adagio

3. Andantino grazioso

4. Allegro

Erläuterungen

Nur selten erlangen virtuose Bläser eine Berühmtheit, die sich mit dem Ruhm großer Geiger oder Pianisten vergleichen läßt. Eine der wenigen Ausnahmen war Richard Mühlfeld, Soloklarinettist der Meininger Hofkapelle und Widmungsträger der vier späten Klarinettenwerke von Johannes Brahms. Dem unvergleichlich weichen Ton von Mühlfelds Klarinette – Brahms nannte sie kurz “Fräulein Klarinette” – war es zu verdanken, daß der arbeitsmüde Komponist 1891 noch einmal zur Feder griff. 1890 hatte Brahms beschlossen, nicht mehr zu komponieren, und hatte seinem Verleger Simrock sein Streichquintett G-Dur, op. 111, als Schwanengesang angekündigt. Nun brachte ihn die Atmosphäre im Umkreis des geliebten Meininger Orchesters auf neue Gedanken. Fasziniert vom “eigenartigen Zauber des Klarinettenklanges” (E. Hanslick) arbeitete er ganz im Stillen sein a-Moll-Trio für Klarinette, Cello und Klavier und sein Klarinettenquintett aus. Einer Dame der Meininger Hofgesellschaft und stillen Verehrerin von Mühlfeld schrieb er darüber: “Ich bringe ihn (Mühlfeld) in Ihre Kemenate, er soll auf Ihrem Stuhl sitzen, Sie können ihm die Noten umwenden und die Pausen, die ich ihm gönne, zu traulichstem Gespräch benützen! … nur der Vollständigkeit halber sage ich noch, daß ich für diesen Zweck ein Trio und ein Quintett geschrieben habe, in denen er mitzublasen hat.” Das Klarinettentrio gilt neben dem Klarinettenquintett als Prototyp des Brahmsschen Spätwerkes; die Musik erscheint wie in ein mildes Licht getaucht, es herrschen eine Abgeklärtheit und Stille, die wie ein sanftes Adieu an die Welt wirken. Der erste Satz beginnt mit einer schlichten Melodie des Cellos – beinahe ein Klangsymbol für Einsamkeit -, auf die die Klarinette mit sehnsüchtigen Arabesken antwortet. Ein Gegenthema des Klaviers setzt kräftigere Akzente, die sich aber im Laufe des Satzes nicht behaupten können. Immer wieder sinken energische Passagen in die Mattigkeit des Anfangs zurück. Alle Themen scheinen um sich selbst zu kreisen. So ist das zweite Thema ein Kanon in der Umkehrung zwischen Klarinette und Cello. Leise Sechzehntelläufe geben der Durchführung eine eigenartig fahle Farbe. Sie beschließen auch den Satz.

Im Adagio wird der Ausdruck noch weiter zurückgenommen auf einen Gesang von zarter Verhaltenheit. Sein Hauptmotiv in der Klarinette wird wieder kanonisch durch sich selbst begleitet und allmählich zerlegt, bis nur noch Seufzerfiguren übrig bleiben. In einem zweiten Thema steigern sich Bewegung und Ausdruck zu einer wehmütigen “fin de siècle”Stimmung. Im Allegro moderato, grazioso hat Brahms seiner Wahlheimat Österreich ein Denkmal gesetzt – durch eine Walzermelodie, wie sie auch in der Fledermaus stehen könnte. (Brahms war in Ischl häufig bei Johann Strauß zu Gast.) Auch hier wird das Thema in Fragmente zerlegt, bis die Klarinette mit dem Trio einsetzt, einem Ländler aus dem Alpenland. Im Finale stehen sich, wie häufig bei Brahms, kontrastierende Rhythmen gegenüber: Triolen und Duolen, 6/8 und 9/8-Takt. Den Sieg trägt eine Csárdás-Melodie davon.