Sonate Nr.2 F-Dur für Violoncello und Klavier, op. 99
Werkverzeichnisnummer: 389
1. Allegro vivace
2. Allegro affettuoso
3. Allegro passionato
4. Allegro molto
2004
JOHANNES BRAHMS
Cellosonate F-Dur, op. 99
Am Ende einer langen Nacht werden auch die Zeilen allzu knapp, um zwei der großartigsten Kammermusikwerke überhaupt zu beschreiben: die zweite Cellosonate und das Klavierquintett von Brahms. Die erstere, im „Kammermusiksommer“ 1886 am Thuner See in der Schweiz komponiert, ist des Meisters späte Antwort auf seine melancholische e-Moll-Sonate, die er als junger Komponist in Bad Münster am Stein im Nahetal komponiert hatte. War es damals der Jurist und Hobbycellist Josef Gänsbacher gewesen, dem er die Sonate dediziert hatte, so stand Brahms nun einer der großartigsten Cellisten seiner Zeit vor Augen: Robert Hausmann, Cellist im Joachim Quartett und ein Hühne mit ebenso kraftvollem Celloton. Da Hausmann Brahms schon lange mit den Idee eines Cellokonzerts in den Ohren gelegen hatte, glaubte sich dieser mit einer Sonate aus der Affäre ziehen zu können. Konzerthaft kraftvoll beginnt sie im Kopfsatz, um im folgenden Andante subtilste motivische Übergänge im Dialog der Partner auszuloten. Der Beginn mit seinem Pizzicatobass und den schmerzlichen Vorhalten ist reinster später Brahms.
Kein Brahms-Stück ohne Schatten: im Opus 99 ist es das f-Moll-Scherzo, ein wild-bewegtes, dahinjagendes Stück, das sich im Trio unvermutet in ein süßes Klangspiel verwandelt. Das Finale kann danach entspannt seiner Wege ziehen, liedhaft im Thema, wandernd im Duktus.
2003
BRAHMS
CELLOSONATE
Wenig ernst liest sich, was Wolf nach der Uraufführung der 2. Cellosonate von Brahms 1886 schrieb. Interpreten im Kleinen Musikvereinsaal waren der Komponist am Klavier und Robert Hausmann am Cello: „Aber etwas, wie die neue Cello-Sonate von Herrn Dr. Johannes Brahms aufzuschreiben, drucken, aufführen zu lassen, ja selbst dabei mitzutun, zu verlangen, daß so was gefallen soll, zu sehen, daß es gefällt, und die Versicherung solchen Gefallens nicht für teuflische Ironie zu nehmen, sondern im vollen Glauben an die Aufrichtigkeit des Beifalls, das neueste Werk als der Himmel weiß was hinzustellen – das mitanzusehen und von solchem Wahnsinn nicht angesteckt zu werden, ist keine Kleinigkeit mehr … Ja, was ist denn heutzutage Musik, was Harmonie, was Melodie, was Rhythmus, was Inhalt, was Form – wenn dieses Tohuwabohu in allem Ernste Musik sein will?“
Was Wolf als Tohuwabohu diffamierte, ist in Wahrheit eine viersätzige Sonate von beispielhafter Klarheit der Form. Wie alle Anfänge, die Brahms für den kraftvollen Ton von Robert Hausmann – Cellist im Joachim-Quartett – komponiert hat (Doppelkonzert, 2. Streichquintett), ist auch der Einstieg der Sonate kraftvoll ausladend über wild-bewegtem Klanggrund. Dabei hat das Thema auch einen Zug ins harmonisch Vagierende, Schwärmerische. Zwischen beiden Polen bewegt sich der energische erste Satz.
Mit Pizzicato in tiefer Lage, einer Art „gehendem Bass“, beginnt das Adagio, dessen affettuoso sich schon in der kleinen chromatischen Nebennote dieses Anfangs ankündigt. Daraus entspinnt sich ein wundervoll beseelter Dialog zwischen Cello und Klavier, der in zwei großen Quint-Fall-Sequenzen gipfelt.
Das Scherzo ist – ungewöhnlich für Brahms – zum vorgezogenen Finale ausgebaut und übertrifft letzteres an Länge wie an nervöser Energie bei weitem. Das gereizte Spiel mit wilden Triolen-Rhythmen im Hauptteil steht in wirkungsvollem Kontrast zu dem Cellolied des Trios, das in wogende Klavier-Arpeggi eingebettet ist.
Nach den beiden aufgewühlt heftigen Sätzen wählte Brahms für das Finale einen lieblicheren Ausdruck und knappere Form. Ob hier nicht auch überzeugend „gejubelt“ wird, mögen die Zuhörer selbst entscheiden.