Sonate C-Dur, KV 296 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Wolfgang Amadeus Mozart

Sonate C-Dur, KV 296

Sonate C-Dur, KV 296 für Violine und Klavier

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3737

Satzbezeichnungen

1. Allegro vivace

2. Andante sostenuto

3. Rondeau. Allegro

Erläuterungen

Mozarts längster Aufenthalt in der pfälzischen Musenresidenz Mannheim zwischen November 1777 und März 1778 ist eine immer wieder gern geschilderte Episode seiner Biographie. Dank seiner rasch aufflammenden Zuneigung zur 16-jährigen Aloysia Weber, seines jovialen Umgangstons mit den „Wendlingschen“ und anderen angesehenen Musikern der Mannheimer Hofkapelle, aber auch dank der wachsenden Spannungen mit seinem Vater enthalten diese Monate alles, was zur Biographie eines jungen Genies gehört – „Herkules (respektive: Apollo) am Scheidewege“ sozusagen.

Dass es vor allem Frauen waren, die Mozart zu seinen Mannheimer Kompositionen inspirierten, lag nicht zuletzt an dem hohen Stellenwert, den Musikerinnen im liberalen Mannheim genossen. Die Tochter des Capelldirektors Cannabich, Rose, die Mannheimer Primadonna Dorothea Wendlung und ihre Tochter Gustl, Aloysia Weber und die Kurfürstin Elisabeth Auguste selbst wurden zu Widmungsträgerin von eigens für sie geschriebenen Mozart-Werken. Keine Stadt der Welt kann so viele von Mozart in Musik verewigte Frauen vorweisen.

Die blasseste Gestalt in diesem Serail von Mozarts Mannheimerinnen war Therese Pierron. Mozart lernte die erst 15-Jährige im Hause ihres Ziehvaters, des Hofkammerrats Serrarius, kennen, der den prominenten Pianisten aus Salzburg sofort als Clavierlehrer für sein Mündel engagierte. Pour Mademoiselle Therese schrieb der pflichtbewusste Lehrer am 11. März 1778, nur drei Tage vor seiner Abreise nach Paris, eine Klaviersonate in C, KV 296. Es war keine Solosonate, sondern eine solche „mit Begleitung der Violine“, wie man damals sagte. Es ist leicht zu erraten, wer hier auf der Geige die junge Pianistin „accompagnierte“, zumal sich Mozart damals noch gerne auf der Violine produzierte, „als ob ich der größeste Geiger von Europa wäre“, wie er einmal selbstironisch schrieb.

Eine „Mannheimer Sonate“ ist KV 296 nicht nur wegen ihrer Widmungsträgerin, sondern auch wegen ihres Stils. Man hört, dass Mozart sie unter dem frischen Eindruck des „vermanierierten Mannheimer goûts“ schrieb, wie sein Vater den Stil der Mannheimer Schule abschätzig nannte. Wolfgang war den Reizen dieses gleichermaßen brillanten wie affektierten Stils damals kurzzeitig erlegen. Das erste Allegro der C-Dur-Sonate entwarf er so großflächig und effektvoll wie den Kopfsatz einer Mannheimer Sinfonie. Das Unisono-Hauptthema, der empfindsame Nachsatz mit chromatischer Synkope, die breite Umschreibung der Grundtonart in Dreiklangsbrechungen und Trillerfiguren, der Ansatz zu einem „Mannheimer Crescendo“ und die orchestralen Spilefiguren in Seitenthema und Schlussgruppe ? alles atmet hier den Geist der Cannabich und Holzbauer, der Stamitz und Fränzls.

Die Bezeichnung des zweiten Satzes Andante sostenuto erinnert daran, dass Mozart in eben jenen Wochen in Mannheim Aloysia Weber im Sostenuto-Gesang unterrichtete. Damit meinten die Zeitgenossen den in weiten Legatobögen gehaltenen, getragenen Gesang der italienischen Schule. Eben dieser wird im F-Dur-Andante der Sonate nachgeahmt.
Es handelt sich um eine auf Instrumente übertragene Aria cantabile einer imaginären Primadonna, deren Stimme zwischen Violine und Klavier aufgeteilt ist, während das „Orchester“ der linken Hand die Begleitung beisteuert. Es fehlen weder die typischen Fermaten einer Opernarie noch jene affektierten Forte-Piano-Wechsel, Pianissimoschlüsse und anderen dynamischen Finessen, mit denen die Mannheimer Sängerinnen so gerne ihre Opern-arien würzten.

Das Allegro-Finale ist ein an schönen Einfällen reiches Rondeau, in dem der singende Stil stets Vorrang behält vor der tänzerischen Ausgelassenheit, wie man sie sonst in klassischen Rondos findet.

Veröffentlicht hat Mozart diese Sonate erst 1782 in Wien, im Rahmen seiner sechs Violinsonaten, op. 2, die er seiner Wiener Schülerin Josepha Auernhammer widmete. Die Sonate ist also an zwei verschiedenen Orten zwei verschiedenen Mozart-Schülerinnen gewidmet worden, ohne dass diese jemals etwas voneinander (oder von der doppelten Widmung) erfahren hätten.