„Der Sänger“ Lied auf ein Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe
Werkverzeichnisnummer: 3565
2003
GOETHE-LIEDER
Zwischen 27. Oktober 1888 und 12. Februar 1889 vertonte Wolf nicht weniger als 50 Goethe-Gedichte. Zusammen mit einem Nachzügler vom folgenden Oktober wurden sie 1890 in Wien im Druck veröffentlicht – dank der Unterstützung einer amerikanischen Mäzenin, die Wolf in Bayreuth kennengelernt hatte.
Alle unsere sechs Goethelieder entstammen diesem 1890 publizierten Band. Wählte Wolf sonst meist Gedichte aus, die vor ihm noch keiner der großen Liedmeister behandelt hatte, so sind seine Goethe-Lieder aus dem Gefühl heraus entstanden, dass weder Beethoven noch Schubert oder Schumann mit ihren Vertonungen den Vorlagen gerecht geworden seien. Dies gilt insbesondere von den Gesängen des Harfners aus Goethes Roman Wilhelm Meister. Wolf nannte sie Harfenspieler I bis III und stellte sie zusammen mit den Liedern der Mignon an den Anfang seiner Sammlung. Wolf wollte nach eigenem Bekenntnis nicht nur den Text vertonen, sondern auch den Charakter der Personen, die sie im Roman singen. Der von Armut und Schicksalsschlägen gezeichnete Harfner, den der Romanheld auf dem Dachboden, seine Klagen singend, vorfindet, wirkt wie eine Verkörperung menschlichen Elends schlechthin. In seinem ersten Gesang, Wer sich der Einsamkeit ergibt, übertraf Wolf tatsächlich alle seine Vorgänger an Intensität des Ausdrucks. Im zweiten und dritten Lied, Um die Türen will ich schleichen und Wer nie sein Brot mit Tränen aß, steigerte er den Ton bis zur Anklage.
Die programmatische Schlussgruppe des Goethe-Bandes besteht aus den weltanschaulich-leidenschaftlichen Gedichten Prometheus, Ganymed und Grenzen der Menschheit, wir hören daraus den Prometheus. Wolf hat dieses Lied wie auch die Drei Harfenspieler und Anakreons Grab für Singstimme und Orchester arrangiert.