Sonate d-Moll, op. 34,3
Werkverzeichnisnummer: 3556
Andante – Presto – Adagio – Allegro
2005
J. BODIN DE BOISMORTIER
Zwei Quartette
Vor 250 Jahren, im Oktober 1755, starb unweit von Paris ein Komponist, der zu den fruchtbarsten des keineswegs unproduktiven 18. Jahrhunderts gehörte: Joseph Bodin de Boismortier. Der in Thionville geborene Musikersohn wirkte zunächst in Metz und Nancy, bevor er in Paris sein Glück machte. Seinen Lebensabend in Perpignan konnte er ungestört genießen, dank eines Vermögens von 50.000 écus – mehr als 1 Million ¤ in heutiger Währung, die er fast ausschließlich mit seinen Kompositionen verdient hatte. Die Leichtigkeit, mit der ihm das Schreiben von der Hand ging, war sprichwörtlich. Ein Zeitgenosse reimte mit spöttischem Unterton:
Bienheureux Boismortier dont la fertile plume / Peut tous les moins sans peine enfanter un volume!
„Glücklich Boismortier, dessen Feder mühelos einem Opus pro Monat das Leben schenken kann!“
In den Jahren seines intensivsten Pariser Schaffens kam er in der Tat auf eine Frequenz von nahezu einem Band pro Monat: Zwischen dem Opus 1 von 1724 und dem Opus 101 von 1741 liegen immerhin 99 Drucke zu je sechs Werken. Neben der Dauerproduktion dieser mehr als 600 Instrumentalstücke hatte er noch Zeit, sich der großen Gattungen der Kirchen- und Theatermusik anzunehmen. Als Komponist von Opern und Balletten konkurrierte er mit Rameau, als Verfasser von „Grands Motets“ landete er Dauerhits auf den Pariser Konzertprogrammen, so u.a. mit einer ganz aus Weihnachtsliedern bestehenden Motette.
Ein unkomplizierter, umgänglicher und offener Charakter paarte sich bei ihm mit eben solchen Qualitäten im Musikalischen. In seinem Interesse an den spieltechnischen Eigenschaften nahezu aller Instrumente und seinem Bekenntnis zu einem eingängigen, für die Spieler leicht zu bewältigenden Stil ist er seinem deutschen Zeitgenossen Telemann zu vergleichen, wenn seine Musik auch nicht dessen Qualität erreicht. Wie Telemann so fand auch Boismortier einen goldenen Mittelweg zwischen den beiden den Spätbarock beherrschenden Nationalstilen: dem Stile italiano und dem Goût français. Als erster Franzose übernahm er die dreisätzige Konzertform Vivaldis, behielt daneben aber auch die delikaten Tanzsätze der französischen Suite bei. Eleganz im Rhythmischen, Munterkeit der Themen und eine gewisse Melancholie in den langsamen Sätzen hat man seiner Musik attestiert.
Trotz dieser durchaus reizvollen Kombination von Eigenschaften geriet er nach seinem Tode rasch in Vergessenheit. Der Kenner de la Borde meinte freilich 1789: „Wenn seine Werke auch vergessen sind, so wird doch einer, der sich die Mühe macht, diese verlassene Mine auszuschöpfen, genügend Goldstaub finden, um daraus einen Barren zu gießen.“ Zu den „Goldadern“ im Oeuvre des Komponisten zählen seine Quartette Opus 34. Ihr Originaltitel lautet Six Sonates à 4 parties différentes et également travaillés, zu deutsch: „Sechs Sonaten zu vier gleichermaßen ausgearbeiteten Stimmen“. Das 1731 publizierte Opus gehörte damit zu den frühesten Druckwerken des Genres Quartett, wobei die Oberstimmen ebenso in hoher Lage von je drei Flöten oder Violinen wie in tiefer Lage von drei Fagotten ausgeführt werden können. Hinzu kommt die vierte Stimme für den Basso continuo. Formal handelt es sich um streng gearbeitete italienische Sonaten in der viersätzigen Form: ein kurzer langsamer Einleitungssatz, ein kontrapunktisch-konzertantes Allegro im geraden Takt, ein noch kürzeres zweites Adagio und ein tänzerisches Finale.