„Belle rose porporine“
Werkverzeichnisnummer: 3537
2005
GIULIO CACCINI
Nuove Musiche
Giulio Caccini war neben Claudio Monteverdi der erfolgreichste Komponist, vor allem aber Propagandist der Monodie, des neuen Sologesangs um 1600. Ganz so neu war er nicht, denn schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts war es in Rom und Venedig üblich, mehrstimmige Madrigale auf einen einfachen Sologesang mit Lautenbegleitung zu reduzieren. Die beiden Fassungen von Caravaggios bekanntem Gemälde Der Lautenspieler sind ein authentisches Dokument für diese „usuelle“ Monodie auf der Basis alter, mehrstimmiger Madrigale. Was Caccini neu in die Musik einführte, waren Arien und Madrigale, die eigens für Solostimme und Basso continuo geschrieben waren. Er gab seiner ersrten Sammlung solcher Gesang 1601 den selbst bewussten Titel Le Nuove Musiche – „Die Neue Musik“, von der er behauptete, er habe sie erfunden. Dies war die überlaute Sprache eines Intriganten, der in seiner Wahlheimat Florenz alle anderen Konkurrenten an die Wand gedrückt oder aus den Diensten der Medici hinausgeekelt hatte, so vor allem Emilio de‘ Cavalieri, dem eigentlich der Primat gebürt, die ersten Sologesänge mit Basso continuo veröffentlicht zu haben. In Florenz aber konnte Caccini, den man wegen seiner römschen Abstammung schlicht Giulio Romano nannte, auf die Gunst der Medici bauen. Und was das hieß, kann man nur verstehen, wenn man weiß, mit welch ungeheurem Aufwand im Florenz der Spätrenaissance höfische Feste einschließlich der obligatorischen Ballette und „Intermedien“ ausgestattet wurden. Die Starsänger des Hofes, darunter Caccini selbst, erhielten einen optisch-akustischen Rahmen für ihre Kunst, von dem heutige Opernsänger nur träumen können.
Giulio hat dieses prachtvollste Genre der Zeit – die Musik für höfische Feste – selbst mit Werken bedient. Unsere drei Arien könnten zwar auch in einer seiner frühen Opern stehen, sie entstammen aber jenem gedruckten Notenband Le Nuove Musiche, den man unter die höfische Musica da camera subsumieren muss. Es handelt sich um Solomadrigale, in denen die gleiche Form künstlicher Liebesdichtung wie im mehrstimmigen Madrigal benutzt wird, nur dass hier eine einzelne Singstimme im rezitativischen bzw. ariosen Stil singt. Dieser so schlicht scheinende Sologesang entfaltet sich über freien oder gehenden Bässen, mal melancholisch schmachtend wie im berühmten Amarilli mia bella, mal erotisch seufzend wie in Belle rose porporine, und immer mit erstaunlichen Manieren verziert.