"Sixteen tons" | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Merle Travis

"Sixteen tons"

„Sixteen tons“

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3502

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

2004
MERLE TRAVIS
Sixteen Tons

Ein Song aus unserer Serie von Hit-Arrangements soll eigens herausgegriffen werden: Sixteen Tons von Merle Travis. Keine Single in der Geschichte der Schallplatte hat sich schneller und häufiger verkauft: Nach der ersten Veröffentlichung als unauffällige B-Seite eines als Hit geplanten Songs war es auf einmal Sixteen Tons, der das Rennen machte. Zwei Millionen Singles verkauften sich innerhalb von sechs Wochen nach der Veröffentlichung im Herbst 1955.

Das Ungewöhnliche daran: Sixteen Tons ist zwar ein Country-Song, aber ein sozialkritischer, der das Elend der Minenarbeiter Amerikas besingt. Dadurch geriet das Lied zwischen die Mühlen der antikommunistischen Propaganda im Nachkriegsamerika. Wer auch immer sich damals erlaubte, das heiße Eisen sozialer Themen anzufassen, bekam es mit den militanten Antikommunisten zu tun. Selbst der Country-Gitarrist Merle Travis blieb davon nicht verschont.

Er stammte aus dem Herzen Amerikas, dem Mittleren Westen, wo noch heute in dem Örtchen Ebeneezer, Kentucky, ein Standbild an ihn erinnert. Als armer Sohn eines Minenarbeiters war er zweifellos nicht dazu angetan, politisch aufzufallen. Wenn sein Vater abends Banjo spielte, hing der kleine Merle an seinen Fingern. Seitdem wurde weder geruht noch gerastet, bis er sich – auf einer vom Bruder selbst gebauten Gitarre - das Musizieren beigebracht hatte und bis er – per Anhalter durch die Vereinigten Staaten – einen Platz in einer Band und einen Plattenvertrag ergattert hatte. In den Bergbau hätte er auch gehen können, doch musste er immer an die Worte seines Vaters denken: „Ich kann ich nicht sterben, ich habe meine Seele an die Firma verkauft.“

Als schon arrivierter Liederschreiber für ein Country-Label machte Merle Travis aus diesem Satz den Refrain seines Liedes Sixteen Tons: „Du schaufelst sechzehn Tonnen und was kriegst Du? Einen Tag älter und noch tiefer in den Schulden. Heiliger Petrus, ruf mich nicht in den Himmel, ich kann nicht gehen, denn ich schulde meine Seele der Firma.“ Mit diesem Lied setzte er der Welt der Bergarbeiter im Muhlenberg County, dem Kohlerevier Kentuckys, wo sein Vater gearbeitet hatte, ein Denkmal – ein Stück urwüchsiges Amerika, das als Beitrag zu einem „Volksmusik“-Album seiner Plattenfirma 1947 herauskam. Postwendend bescherte der Song Travis Ärger mit Regierung und FBI. In der antikommunistischen Hetze der 40er Jahre galten sozialkritische Töne als anrüchig. Das FBI wies Radiostationen an, Travis‘ Song nicht zu spielen, weil er ein Kommunist sei – der Sohn eines Bergarbeiters und amerikanische Patriot!
Die Stunde des Songs schlug dann erst acht Jahre später, als ihn der Country-Sänger Ernie Ford auf der besagten Single einspielte. Es gibt viele amerikanische Evergreens, hinter denen sich so packende Geschichten verbergen!