Notturno H-Dur, op. 40 | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Antonin Dvorak

Notturno H-Dur, op. 40

Notturno H-Dur, op. 40

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3483

Satzbezeichnungen

Erläuterungen

2008
Dvoraks Notturno oder „Nokturno“ in H-Dur, Opus 40, gehört zu jenen Musikstücken, deren komplizierte Werkgeschichte im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Länge stehen. Als der Komponist dieses Stücklein unter jenem etwas eigenartigen Titel mit „k“ 1883 im Druck erscheinen ließ, hatte es bereits eine lange Metamorphose durchlaufen. In der gedruckten Fassung handelt es sich um einen langsamen Satz für Violine und Klavier, ein Salonstück, das rasch populär wurde. Gleichzeitig kennt man diese Musik als Notturno für Streichorchester, ebenfalls 1883 gedruckt. Keine dieser Fassungen ist die Originale. Ursprünglich handelt es sich um das Andante religioso aus Dvoraks frühem e-Moll-Streichquartett. In der experimentellen Anlage dieses Stücks – einem klassischen Beispiel für Vielsätzigkeit in der Einsätzigkeit mit vier ineinander übergehenden Sätzen – fungierte das Stück als langsamer Abschnitt. Das Formexperiment des Quartetts hat Dvorak nicht wiederholt, aber er hat jenes Andante religioso aus dem Zusammenhang herausgelöst, um es im Streichquintett G-Dur, op. 77, aus dem Jahre 1875 wiederzuverwenden. Mit einer zusätzlichen Kontrabass-Stimme und einem neuen Schluss versehen, fungierte es nun als zweiter langsamer Satz in der fünfsätzigen Urfassung des Quintetts. Vor der Drucklegung dieses Werkes entfernte Dvorak den eingelegten Satz jedoch wieder, wodurch er herrenlos in seinem Oeuvre umhertrieb. Erst mit der doppelten Neufassung als allein stehender langsamer Satz für Streichorchester bzw. Violine und Klavier fand dann das ehemalige Andante religioso seinen Platz im Schaffen des Meisters.

In unserem Konzert erklingt die Fassung für Violine und Klavier. Die kurze Klaviereinleitung hat Dvorak hinzukomponiert, darüber erhebt sich im schwingenden Zwölf-Achtel-Takt die Geigenmelodie. Sie bleibt ebenso wie die kompakten Dreiklänge der Begleitung seltsam schwebend, unentschieden zwischen den Tonarten vagierend und von chromatischen Nebennoten beinahe schon ins Lisztsche hinein verfärbt. Erst im bewegteren Schlussteil gewinnen Rhythmus und Melodie an Kontur. Geschickt hat Dvorak den schier endlosen Orgelpunkt aus der Urfassung in bewegte Klavier-Figuration aufgelöst.

2005
ANTONIN DVORAK
Notturno, op. 40

Dvoraks Nokturno H-Dur, op. 40, gehört zu jenen Musikstücken, deren komplizierte Werkgeschichte im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Länge stehen. Als der Komponist dieses Stücklein mit dem eigenwilligen „k“ im Titel 1883 zum Druck gab, hatte es bereits eine lange Metamorphose durchlaufen. In der gedruckten Fassung handelt es sich um einen langsamen Satz für Violine und Klavier – ein Salonstück, das rasch populär wurde; bereits seit 1875 lag er auch für Streichorchester vor, keine dieser Fassungen ist aber die Originale. Ursprünglich handelt es sich um das Andante religioso aus Dvoraks frühem e-Moll-Streichquartett. In der experimentellen Anlage dieses Stücks, einem Beispiel für „Vielsätzigkeit in der Einsätzigkeit“ mit vier ineinander übergehenden Sätzen, fungierte das Stück als langsamer Abschnitt. Das Formexperiment des Quartetts hat Dvorak nicht wiederholt, wohl aber jenes Andante religioso gerettet, indem er es aus dem Quartett herauslöste und 1875 dem Quintett Opus 77 einverleibte. Mit einer zusätzlichen Kontrabass-Stimme und einem neuen Schluss versehen, fungierte es nun als zweiter langsamer Satz in der fünfsätzigen Urfassung dieses Quintetts. Vor der Drucklegung entfernte Dvorak freilich den 5. Satz aus seinem Opus 77 wieder, so dass er erneut herrenlos in seinem Oeuvre umhertrieb. Erst mit der doppelten Neufassung als allein stehender langsamer Satz für Streichorchester und später für Violine und Klavier fand dann das ehemalige Andante religioendlich seinen Platz im Schaffen des Meisters. Mit seiner schwebenden Geigenmelodie auf dem schwankenden Grund des Zwölf-Achtel-Takts ist es eine Art Barcarole oder Claire de Lune.

2004
ANTONIN DVORAK
Notturno H-Dur

Nicht nur große Musikstücke haben oft eine lange Geschichte. Auch manches kurze Intermezzo gibt den Musikhistorikern Rätsel auf und lässt sich bis zu seinen Ursprüngen nur durch minutiöses Quellenstudium zurückverfolgen. Ein solches ist das Notturno oder „Nokturno“ in H-Dur, Opus 40, von Antonin Dvorak.

Als der Komponist dieses Stücklein unter jenem etwas eigenartigen Titel mit „k“ 1883 im Druck erscheinen ließ, hatte es bereits eine lange Metamorphose durchlaufen. In der gedruckten Fassung handelt es sich um einen langsamen Satz für Violine und Klavier, ein Salonstück, das rasch populär wurde. Gleichzeitig kannte man diese Musik damals schon als Notturno für Streichorchester, ebenfalls 1883 gedruckt. Keine dieser Fassungen ist die Originale. Ursprünglich handelt es sich um das Andante religioso aus Dvoraks frühem e-Moll-Streichquartett. In der experimentellen Anlage dieses Stücks – einem klassischen Beispiel für Vielsätzigkeit in der Einsätzigkeit mit vier ineinander übergehenden Sätzen – fungierte das Stück als langsamer Abschnitt. Das Formexperiment dieses Quartetts hat Dvorak nicht wiederholt, aber er hat jenes Andante religioso aus dem Zusammenhang herausgelöst, um es anderweitig wiederzuverwenden. Dies geschah zunächst im Streichquintett G-Dur, op. 77, aus dem Jahre 1875. Mit einer zusätzlichen Kontrabass-Stimme und einem neuen Schluss versehen fungierte das ehemalige Andante religioso nun als zweiter langsamer Satz in der fünfsätzigen Urfassung des Quintetts. Vor der Drucklegung dieses Werkes entfernte Dvorak den eingelegten Satz jedoch wieder, wodurch er nach wie vor gleichsam herrenlos in seinem Oeuvre umhertrieb. Erst mit der doppelten Neufassung als allein stehender langsamer Satz für Streichorchester bzw. Violine und Klavier fand dann das ehemalige Andante religioso seinen Platz im Schaffen des Meisters.
In unserem Konzert erklingt die Urfassung aus dem e-Moll-Streichquartett, allerdings mit einer von den späteren Fassungen entlehnten Schlusswendung. Der weich schwingende Zwölf-Achtel-Takt verbindet sich mit dem wiegenden Klanggrund der Begleitstimmen und der weit ausholenden Geste der Melodie zu einem hoch romantischen Intermezzo, dessen tränenseliger Höhepunkt am Ende erreicht wird.