Musica für Oboe, Fagott und Klavier | Kammermusikführer - Villa Musica Rheinland-Pfalz

Petr Eben

Musica für Oboe, Fagott und Klavier

Musica für Oboe, Fagott und Klavier (1969)

Besetzung:

Werkverzeichnisnummer: 3478

Satzbezeichnungen

1. Allegro

2. Moderato

Erläuterungen

2004
PETR EBEN
Musica für Oboe, Fagott, Klavier

Im Januar diesen Jahres konnte der Prager Organist und Komponist Petr Eben seinen 75. Geburtstag feiern. Der Nestor der modernen Kirchenmusik Tschechiens ist auch in seinen nichtliturgischen Werken im Religiösen verhaftet, wie etwa das 1983 in Den Haag aufgeführte Ballett Flüche und Segenssprüche zeigt oder die Oper Jeremias von 1996.

Eben wurde 1929 in Zamberg (Senftenberg) in Ostböhmen geboren, wuchs jedoch in Cesky Krumlov (Böhmisch Krumau) auf, wo er bereits mit zehn Jahren Organist und Regens Chori an der Veitskirche wurde. Die Kriegsjahre setzten dieser frühen Ambition ein Ende. Anfang 1945 war der 16jährige sogar für kurze Zeit im KZ Buchenwald interniert, was den humanitären Gestus seiner späteren Werke ebenso sehr prägte wie seine katholische Erziehung. Nach dem Studium in Prag stieg Eben rasch zum angesehensten Organisten seiner Heimat auf, fand auf zahlreichen Auslandsreisen auch als Komponist immer mehr Anerkennung. Der langjährige Professor für Musikwissenschaft an der Prager Karlsuniversität und Träger diverser Orden und Auszeichnungen hat in allen Genres der liturgischen Musik Bedeutendes geschaffen.

Auch seine Kammermusik blieb vom religiösen Verständnis nicht unberührt. So nannte er etwa sein Streichquartett von 1985 Labyrinth der Welt und Paradies des Herzens. Neben traditionellen Gattungen wie Quartett oder auch Klaviertrio hat ihn die extravagante Kombination gereizt. 1969 schuf er sein einsätziges Stück Musica für Oboe, Fagott und Klavier – in diesem Fall ganz bewusst ohne programmatischen Titel. Es ist ein freier Dialog der beiden Blasinstrumente, die mit Triolenfiguren, Sechzehntelarabesken und freitonalen expressiven Linien einander ablösen und durchdringen.

LUDWIG VAN BEETHOVEN
Quintett Es-Dur, op. 16

Das Bläserquartett, mit dem Ludwig van Beethoven 1797 sein Es-Dur-Quintett zur Uraufführung brachte, war je zur Hälfte böhmisch und wienerisch besetzt. Neben dem weithin bekannten Wiener Klarinettenvirtuosen Josef Bär musizierten der aus Böhmen stammende Oboist Josef Triebensee, der Wiener Hornist Nickl und der böhmische Fagottist Matouscheck. Die beiden ersteren standen damals in Diensten des Fürsten Liechtenstein, dessen Kapellmeister Triebensee war und dessen „Harmoniemusik“, wie man in Wien reine Bläserensembles nannte, wesentlich von der Kunst Josef Bärs geprägt wurde. Wie Mozart 13 Jahre früher in seinem Quintett KV 452, dem Prototyp aller Quintette für Bläser und Klavier, so profitierte auch Beethoven von dem exorbitanten Niveau der Wiener Bläserensembles, die zum Großteil aus tschechischen Musikern bestanden.

Nachdem Mozart auf die Idee gekommen war, das bevorzugte Soloinstrument im „Clavierland“ Wien mit den vorzüglichen Bläsern der Stadt in einem Werk zu kombinieren, hatte sich ein Markt für Klavier-Bläser-Kammermusik gebildet, der auch den Pianisten Beethoven reizen musste. Vieles verstand sich dabei von selbst, so etwa die Tonart Es-Dur, die für die konzertierenden Bläser besonders bequem liegt.
Die dreisätzige Konzertform ohne Menuett deutet auf den konzertanten Charakter des Quintetts hin. Beethoven stellte nach dem Vorbild des Mozartquintetts dem einleitenden Allegro eine langsame Einleitung voran. Ist diese bei Mozart eher frühromantisch-schwärmerisch im Ton, so kündigt sich bei Beethoven bereits der Sinfoniker an, den nur noch drei Jahre von seiner Ersten Sinfonie trennten. Auch im folgenden Allegro spürt man den neuen Tonfall, den der Virtuose und Komponist Beethoven anschlug. Wo Mozart eine Idealsynthese aus Belcanto, Klavierkonzert und Kammermusik gelang, setzt der junge Beethoven schroffe Akzente: Sforzati, überraschende Modulationen, krasse Dynamikwechsel. Bläser und Klavier treten einander wie die Klanggruppen eines Sinfonieorchesters gegenüber, der Klaviersatz ist raumgreifend und kraftvoll.

Ebenso eigenständig wirkt die Beethovens Formauffassung. Die thematischen Prozesse sind gegenüber Mozarts Quintett verschärft und gedehnt. Die Grave-Einleitung erhält durch die punktierten Rhythmen und die Staccato-Sechzehntel beinahe sinfonisches Pathos; es handelt sich um eine Art Vorstudie zur langsamen Einleitung der Ersten Sinfonie. Die perlende Eleganz des folgenden Allegro ma non troppo wird in Durchführung und Coda schroff beiseite geschoben.

Das Andante cantabile zitiert zwar deutlich hörbar die Arie der Zerlina Batti, batti, o bel Masetto aus Mozarts Don Giovanni, geht jedoch in den Episoden zwischen dem RondeauThema eigene Wege. Es handelt sich um zwei solistische Couplets für Oboe bzw. Fagott und Horn. Gegen Ende weitet sich auch hier die Form durch immer dynamischer werdende Verzierungen.

Das Rondo enthält wiederum eine lange Durchführung und eine Coda, in der das Thema auf geniale Weise rhythmisch gedehnt wird. Bei einer späteren Aufführung erlaubte sich Beethoven in diesem Satz einen üblen Scherz mit seinen Bläserkollegen. Der berühmte Solo-Oboist der Münchner Hofkapelle, Friedrich Ramm, war in Wien zu Gast, und Beethoven brachte mit ihm das Quintett zur Aufführung. Im Finale „fing Beethoven auf einmal an zu phantasieren, nahm das Rondo als Thema und unterhielt sich und die andern eine geraume Zeit, was jedoch bei den Begleitenden nicht der Fall war. Diese waren ungehalten und Herr Ramm sogar aufgebracht. Wirklich sah es possierlich aus, wenn diese Herren, die jeden Augenblick warteten, daß wieder angefangen werde, die Instrumente unauffällig an den Mund setzten und dann ganz ruhig wieder abnahmen. Endlich war Beethoven befriedigt und fiel wieder ins Rondo ein. Die ganze Gesellschaft war entzückt.“