„Regnava il silenzio“, Arie der Lucia aus Lucia Di Lammermoor
Werkverzeichnisnummer: 3461
2004
DONIZETTI-OPERN
Wer einmal auf dem malerischen Panoramaweg vom hochgelegenen Stadtteil San Vigilio hinunter in die Oberstadt von Bergamo das kleine Haus besucht hat, in dem Gaetano Donizetti zur Welt kam, der dürfte sich gewundert haben, wie in einem so bescheidenen Heim ein Genie der italienischen Oper heranreifen konnte. Die Verwunderung weicht, wenn man die kleine Ausstellung näher betrachtet, die hier die Donizetti-Gesellschaft zusammengetragen hat: Opernplakate von anno dazumal künden von einer Begeisterung fürs Musiktheater, wie sie selbst Deutschland kaum jemals erreicht hat. Zu Donizettis Zeiten unterhielt das kleine Bergamo – eine venezianische Festungsstadt in der Lombardei – gleich zwei Opernhäuser. Klingende Komponisten-Namen wie Simone Mayr, Rossini und schließlich Donizetti selbst prangen auf den Plakaten. Sie annoncieren große Opern über welthistorische Stoffe, in denen die Stadt alles aufbot, was geigen, pfeifen oder singen konnte – von der obligatorischen Banda sul palco, der Blaskapelle auf der Bühne, bis hin zu einem Meer von Statisten. In diesem Klima, einer Opernbegeisterung über alle sozialen Schranken hinweg, muss man die Belcanto-Opern Donizettis ansiedeln.
Wir hören zwei Szenen: die Arie der Titelheldin „A tardai troppo“ aus der Oper Linda di Chamounix, uraufgeführt 1842 am Kärtnertor-theater in Wien, und die große Szene der Lucia di Lammermoor aus der gleichnamigen Oper, die 1835 am Teatro S. Carlo in Neapel ihre Premiere erlebte. Das erste Stück ist eine Opera semiseria, in der Mitte zwischen Heiterkeit und Tragik angesiedelt: Sie spielt in den französischen Alpen um 1670. Der Viscomte de Sirval hat sich unter dem Namen Carlo als armer Maler in Linda verliebt. Sie erwartet ihn ungeduldig und schwärmt von ihrem gemeinsamen Leben in Armut. Die große Szene der Lucia ist ein klassisches Beispiel für die Schauerromantik des Zeitalters.